Kommentar Russischer Journalist in Haft: Warnung an alle Kreml-Kritiker
Dass Journalisten in Russland gefährlich leben, ist nicht neu. Am Fall Alexander Walow schockieren jedoch das Strafmaß und die Begleitumstände.
![Der Turm mit der olympischen Flamme in Sotschi im Hintergrund, im Vordergrund eine grüne Wiese Der Turm mit der olympischen Flamme in Sotschi im Hintergrund, im Vordergrund eine grüne Wiese](https://taz.de/picture/3155271/14/imago15798846h.jpeg)
R echtzeitig zum Jahreswechsel hat Russlands Führung – wieder einmal – ein Exempel statuiert. Für sechs Jahre muss der Chefredakteur des Internetportals „BlogSotschi“, Alexander Walow, in Haft (eine Geldstrafe in Höhe von umgerechnet knapp 9000 Euro ist da nebensächlich), weil er angeblich einen Abgeordneten mit kompromittierendem Material über einen illegalen Schwimmbadbau erpresst haben soll. Damit ist ein weiterer unbequemer Journalist vorerst einmal kalt gestellt – den Gerichten, die nichts anderes sind als willfährige Befehlsempfänger des Kreml, sei dank.
Aus Sicht der Staatsführung gibt es für dieses schändliche und absurde Urteil gute Gründe: Eine selbsternannte Elite muss schließlich die Notbremse ziehen, wenn Korruption, Vetternwirtschaft und die schamlose Bereicherung auf Kosten anderer öffentlich gemacht werden? Noch dazu in einem Land, in dem sich ein Großteil der Menschen Tag für Tag in einem kräftezehrenden Kampf ums eigene Überleben aufreibt.
Genau dieser heiklen Themen nahm sich Walow an. Man erinnert sich noch gut an die Olympischen Winterspiele in Sotschi im Jahre 2014, die Putin, wie könnte es im Sinne der eigenen Selbstdarstellung auch anders sein, zu einem Ereignis der Superlative machte. Den Preis dafür bezahlten die einfache Bevölkerung sowie schon damals kritische Medienmacher, die über Zwangsentmietungen, undurchsichtige Baugeschäfte und eine sinnlose Verprassung öffentlicher Gelder berichteten. Im Falle Walows schockiert jedoch nicht nur das Strafmaß, sondern auch die Begleitumstände des gesamten Verfahrens.
Seit Januar dieses Jahres saß er in Untersuchungshaft. Wiederholt berichtete er von Folter im Gefängnis. Mehrere Verhandlungen, an denen er wegen seines schlechten Gesundheitszustandes nicht teilnehmen konnte, fanden hinter verschlossenen Türen statt. Auch die Möglichkeiten seines Anwalts, mit ihm in Kontakt zu treten, waren eingeschränkt. Also alles so wie immer im „Rechtsstaat“ von Wladimir Putin. Die wenigen kritischen JournalistInnen sollten gewarnt sein. Denn es ist nur eine Frage der Zeit, bis der oder die Nächste, genau wie Walow, aus dem Verkehr gezogen wird. Auf welche Art auch immer.
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