Kommentar Rundfunk in Griechenland: Ein griechischer Erdogan
Der griechische Ministerpräsident stellt sich beim Umgang mit dem Rundfunksender ERT stur. Sein Verhalten erinnert an das seines Amtskollegen in der Türkei.
E s ist ein seltsames Demokratieverständnis, das Griechenlands Ministerpräsident Antonis Samaras in diesen Tagen zeigt. Obwohl das oberste Verwaltungsgericht bereits am Montag entschied, der Rundfunksender ERT müsse umgehend wieder ans Netz gehen, stellt sich Samaras stur. Er bestätigt damit, was die Besetzer der Sendezentrale in Athen schon vor etlichen Tagen mit einem Transparent auf den Punkt brachten: „ERTaksim – Samardogan“ stand dort in Anspielung auf die Parallele im autokratischen Durchregieren im Nachbarland Türkei und in Griechenland zu lesen.
In der Tat hat Samaras viel von einem Erdogan und umgekehrt: Unbeirrbar und autoritär ziehen beide durch, koste es, was es wolle. Noch ist in Athen nicht die Polizei aufgezogen, um die ERT-Beschäftigten und ihre zahlreichen Unterstützer vom Gelände zu prügeln. Doch wenn die bisher große Solidaritätswelle von europäischen Gewerkschaften, Griechen im Ausland sowie vor allem der europäischen Medienschaffenden nachlässt und wenn der Mut der Besetzer sinkt, weil sich der Konflikt zermürbend in die Länge zieht, umso wahrscheinlicher wird es, dass Griechenlands nicht zimperliche Polizei zur Aktion schreitet.
Anders als in der Türkei wird sich Angela Merkel dann aber nicht zu einer Verurteilung der Gewalt hinreißen lassen. Sie griff vielmehr in den vergangenen Tagen zum Telefonhörer, um Samaras ihrer Unterstützung im ERT-Konflikt zu versichern.
ist Inlandsredakteurin der taz.
Wohlgemerkt: Samaras agiert auch aus eigenen, nicht zuletzt innenpolitischen Interessen. Er stutzt die Koalitionspartner für künftige Konflikte zurecht, weil er weiß, dass sie Neuwahlen nicht riskieren werden. Doch sein Vorgehen ist auch Folge der Troikapolitik: die drängt auf Sparplanerfüllung, nicht auf Demokratie.
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