Kommentar Rot-Rot-Grün in Berlin: Mehr Mut und Beherztheit
Unkonventionelles Handeln ist wichtiger ist als das Parteibuch. Das zeigen einige Politiker in ihrem Versuch die Stadt zurückzukaufen.
Gibt es eigentlich in Pankow oder Mitte keine spekulativen Verkäufe von Mietshäusern? Gerne wüsste man das, doch bislang wird nur in zwei Bezirken vom kommunalen Vorkaufsrecht in Milieuschutzgebieten Gebrauch gemacht. Von Florian Schmidt, einem ehemaligen Aktivisten, den die Grünen zum Baustadtrat von Friedrichshain-Kreuzberg gemacht haben. Und von Jochen Biedermann, der als langjähriger Kritiker der SPD-Untätigkeit in Neukölln ebenfalls zum Baustadtrat gewählt wurde.
Beide sind, wie auch Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD), Aktivposten einer Politik, die Schmidt einmal so genannt hat: „Wir kaufen uns die Stadt zurück.“ Dabei ist das politische Ziel das eine und seine Umsetzung das andere. Dass nämlich Schmidt und Kollatz-Ahnen aus dem rot-rot-grünen Personal herausragen, zeigt, dass es nicht nur um Inhalte geht, wie sie im rot-rot-grünen Koalitionsvertrag stehen.
Stattdessen müssen den Worten auch Taten folgen. Und die Akteure müssen dort, wo sie Verantwortung übernommen haben, auch bereit sein, den politischen Spielraum, den sie haben, zu nutzen. Wer aber nur auf seine Rechtsabteilung hört und an mögliche Schadensersatzforderungen denkt, muss sich fragen lassen, ob zur Politik nicht auch Mut gehört. Mut für kreative Lösungen. Und Mut, auch Rückschläge hinzunehmen.
Florian Schmidt hat diesen Mut bewiesen, in dem er Vorreiter der Rückkaufbewegung wurde. Kollatz-Ahnen hatte Erfolg bei seinem Ringen mit dem Bund um das Dragoner-Areal. Auch Sozialsenatorin Elke Breitenbach (Linke) hatte mit unkonventionellem Handeln bereits viel erreicht.
Vielleicht besteht der politische Unterschied zwischen den Senatsparteien und ihren Flügeln weniger in der Programmatik, sondern in eben jener Bereitschaft, die Ziele beherzt und zur Not unorthodox durchzusetzen. Angesichts der miserablen Umfragewerte, die Rot-Rot-Grün derzeit begleiten, kann man der Koalition nur wünschen, dass noch mehr Akteure als bisher dem Weg von Schmidt, Kollatz-Ahnen und Breitenbach folgen.
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