Kommentar Rigaer Straße: Eine Probe der Macht
Der Großeinsatz der Polizei am Mittwochabend war grundfalsch. Er diente nur dazu, BewohnerInnen und linker Szene eine Ansage zu machen.
Vier Menschen greifen einen knöllchenschreibenden Polizisten an und flüchten sich dann in ein besetztes Haus. Das ist zum einen, gleich vorneweg, keine tolle Aktion. Und zum anderen gibt es Mittel und Wege, wie in einem Rechtsstaat mit einem solchen Angriff umgegangen werden kann: Die Polizei macht die Täter ausfindig, gegen diese wird ein Strafverfahren eröffnet.
Mit dem Großeinsatz in der Rigaer Straße am Mittwochabend entschied sich die Berliner Polizei, einen anderen Weg einzuschlagen. Und der ist grundfalsch. Denn der Einsatz diente nicht etwa dazu, die Täter zu fassen oder sonst wie zur Tataufklärung beizutragen. Nein, aus ihrer wahren Absicht machte die Polizei keinen Hehl: Es ging darum, eine Ansage zu machen an die BewohnerInnen der Rigaer94 und die ganze linksradikale Szene gleich mit – zu zeigen, wer der Stärkere ist.
Das ist falsch und lächerlich, weil sich die Polizei damit auf eine Ebene begibt, mit der sie sich letztlich selbst beschädigt: Eine Polizei, die es nötig hat, einer Handvoll Linksautonomer ihre Stärke durch den Aufbau einer filmreifen Drohkulisse zu beweisen, hat offensichtlich ein Problem. Es steht einer staatlichen Behörde nicht gut zu Gesicht, wenn sie sich auf einen Schwanzvergleich mit Teilen der Bevölkerung einlässt. Insbesondere, wenn sie diesen Teilen damit, das ist die Ironie, erst recht zu Beachtung verhilft: So viel Aufmerksamkeit wie durch die jüngsten polizeilichen Maßnahmen hat die politisch weitestgehend irrelevant gewordene autonome Szene Friedrichhains schon lange nicht mehr gehabt.
Oder aber es geht darum, dass hier noch ein ganz anderer Stärke zeigen will: ein Innensenator etwa, der in seiner bisherigen Amtszeit oft mit Abwesenheit glänzte und nun mit einem Knalleffekt das Wahlkampfjahr einläuten möchte. Dann läuft hier aber ebenfalls etwas gewaltig schief: Der Etat der Polizei gehört nicht zu den Wahlkampfmitteln der CDU – wer sich darüber hinwegsetzt, muss hinterher nichts vom schützenswerten Rechtsstaat erzählen.
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