Kommentar Rekommunalisierung: Betongold in Bürgerhand
Berlin steigt in den Rückkauf des Wohnungsbestands ein. Dabei gibt es zwar einige Fallstricke. Doch der eingeschlagene Weg ist richtig.
Das Kottbusser Tor 1998: Wohnungen sollen wieder kommunal werden Foto: dpa
Nicht nur Berlin erlebt derzeit eine neue Gründerzeit. Auch andere Ballungsräume in Deutschland wachsen, und die Investoren reiben sich die Hände. Gerade erst hat die börsennotierte Deutsche Wohnen knapp 4.000 Wohnungen in Berlin ins Portfolio genommen.
Mieterschutz ist solchen Aktiengesellschaften eine Petitesse. Unsere Innenstädte drohen so glatt geleckt zu werden wie die Hochglanzbroschüren der Immobilienentwickler.
Ausgerechnet in dieser Hochphase der Spekulation mit Betongold haben Aktivisten und Kommunalpolitiker die Parole ausgegeben, dem Kapitalismus mit kapitalistischen Mitteln den Kampf anzusagen: „Wir kaufen uns die Stadt zurück.“ Hamburg hat damit begonnen, München folgte, nun macht auch Berlin mit.
Das entsprechende Werkzeug findet man im Baugesetz. In sogenannten Milieuschutzgebieten dürfen die Kommunen einem Investor ein Haus vor der Nase wegkaufen, wenn der sich nicht bereit erklärt, auf Verdrängung zu verzichten. Vorkaufsrecht heißt dieses Instrument. Das Ziel: Häuser und Wohnungen dem spekulativen Markt zu entziehen und in kommunale Obhut zu nehmen.
Allerdings gibt es auf dem Weg dorthin ein paar Fallstricke. Einer ist der Kaufpreis. Wenn die Kommunen nicht zum Verkehrswert kaufen dürfen, sondern den Preis zahlen müssen, den Verkäufer fordern, ist am Ende nur Letzteren geholfen – und die Kommune hätte selbst am Spekulationsrad mitgedreht.
Ein großer Bestand an nichtspekulativem Wohnraum ist wichtig
Musterbeispiel Wien
Zweitens müssen kommunale Wohnungsbaugesellschaften erst den Beweis antreten, dass sie besser sind als private Vermieter. Rot-Rot-Grün in Berlin will dies mit einer Vereinbarung sicherstellen, an der bis zuletzt herumgefeilt wurde.
Dennoch ist der eingeschlagene Weg richtig. Wie wichtig ein großer Bestand an nichtspekulativem Wohnraum ist, zeigt das Beispiel Wien. Dort hat es eine massenhafte Vertreibung in der Innenstadt bislang nicht gegeben. Ein Drittel aller Wiener Mietwohnungen gehören der Gemeinde, 26 Prozent gemeinwohlorientierten Vermietern.
Zeit also, sich nicht nur die Rekommunalisierung von Wasser und Energie vorzunehmen, sondern auch die des Wohnens. Es wäre ein Zeichen dafür, dass die Politik die Sorgen der „kleinen Leute“ ernst nimmt.
Kommentar Rekommunalisierung: Betongold in Bürgerhand
Berlin steigt in den Rückkauf des Wohnungsbestands ein. Dabei gibt es zwar einige Fallstricke. Doch der eingeschlagene Weg ist richtig.
Das Kottbusser Tor 1998: Wohnungen sollen wieder kommunal werden Foto: dpa
Nicht nur Berlin erlebt derzeit eine neue Gründerzeit. Auch andere Ballungsräume in Deutschland wachsen, und die Investoren reiben sich die Hände. Gerade erst hat die börsennotierte Deutsche Wohnen knapp 4.000 Wohnungen in Berlin ins Portfolio genommen.
Mieterschutz ist solchen Aktiengesellschaften eine Petitesse. Unsere Innenstädte drohen so glatt geleckt zu werden wie die Hochglanzbroschüren der Immobilienentwickler.
Ausgerechnet in dieser Hochphase der Spekulation mit Betongold haben Aktivisten und Kommunalpolitiker die Parole ausgegeben, dem Kapitalismus mit kapitalistischen Mitteln den Kampf anzusagen: „Wir kaufen uns die Stadt zurück.“ Hamburg hat damit begonnen, München folgte, nun macht auch Berlin mit.
Das entsprechende Werkzeug findet man im Baugesetz. In sogenannten Milieuschutzgebieten dürfen die Kommunen einem Investor ein Haus vor der Nase wegkaufen, wenn der sich nicht bereit erklärt, auf Verdrängung zu verzichten. Vorkaufsrecht heißt dieses Instrument. Das Ziel: Häuser und Wohnungen dem spekulativen Markt zu entziehen und in kommunale Obhut zu nehmen.
Allerdings gibt es auf dem Weg dorthin ein paar Fallstricke. Einer ist der Kaufpreis. Wenn die Kommunen nicht zum Verkehrswert kaufen dürfen, sondern den Preis zahlen müssen, den Verkäufer fordern, ist am Ende nur Letzteren geholfen – und die Kommune hätte selbst am Spekulationsrad mitgedreht.
Ein großer Bestand an nichtspekulativem Wohnraum ist wichtig
Musterbeispiel Wien
Zweitens müssen kommunale Wohnungsbaugesellschaften erst den Beweis antreten, dass sie besser sind als private Vermieter. Rot-Rot-Grün in Berlin will dies mit einer Vereinbarung sicherstellen, an der bis zuletzt herumgefeilt wurde.
Dennoch ist der eingeschlagene Weg richtig. Wie wichtig ein großer Bestand an nichtspekulativem Wohnraum ist, zeigt das Beispiel Wien. Dort hat es eine massenhafte Vertreibung in der Innenstadt bislang nicht gegeben. Ein Drittel aller Wiener Mietwohnungen gehören der Gemeinde, 26 Prozent gemeinwohlorientierten Vermietern.
Zeit also, sich nicht nur die Rekommunalisierung von Wasser und Energie vorzunehmen, sondern auch die des Wohnens. Es wäre ein Zeichen dafür, dass die Politik die Sorgen der „kleinen Leute“ ernst nimmt.
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Kommentar von
Uwe Rada
Redakteur taz.Berlin
Jahrgang 1963, ist Redakteur für Stadtentwicklung der taz. Weitere Schwerpunkte sind Osteuropa und Brandenburg. Zuletzt erschien bei Bebra sein Buch "Morgenland Brandenburg. Zukunft zwischen Spree und Oder". Er koordiniert auch das Onlinedossier "Geschichte im Fluss" der Bundeszentrale für politische Bildung. Uwe Rada lebt in Berlin-Pankow und in Grunow im Schlaubetal.
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