Kommentar Referendum in Bosnien: Eine gefährliche Provokation

Die Republika Srpska hat über ihren Nationalfeiertag abgestimmt. Das Votum könnte Bosnien-Herzegowina erneut in den Abgrund reißen.

Drei bewaffnete Polizisten bewachen das Abstimmungsgebäude in Banja Luka

Trotziges Votum, säbelrasselnde Reaktionen auf bosniakischer Seite Foto: ap

Es geht um mehr als nur einen „Nationalfeiertag“. Die Volksabstimmung in der bosnisch-serbischen Teilrepublik Srpska vom Wochenende könnte den föderalen Staat Bosnien und Herzegowina 20 Jahre nach dem Dayton-Friedensabkommen erneut in den Abgrund reißen.

99,78 Prozent derer, die zur Wahl gegangen sind – und das waren immerhin fast 60 Prozent der Wahlberechtigten – haben es mal wieder allen zeigen wollen: Wir Serben stehen zusammen und lassen uns nicht unseren Feiertag zur Gründung unseres Staates vermiesen. Sollen sie doch alle dagegen sein, die EU, die USA oder sogar der Ministerpräsident Serbiens. Lieber Gras fressen als sich dem Gegner beugen.

Auch die serbischen Oppositionsparteien in Bosnien stimmten in den Chor derer ein, die sich unbeugsam zeigen wollten – und das, obwohl das Verfassungsgericht das Referendum verboten hatte. Denn im Grunde wird das Gericht ohnehin als Instrument der ungeliebten Föderation Bosnien-Herzegowina abgelehnt.

Milorad Dodik, dem angeschlagenen Präsidenten der bosnisch-serbischen Teilrepublik, ist es wieder einmal gelungen, die Reihen fest hinter sich zu schließen. Dem Serbenführer ist zuzutrauen, dass er nach diesem Erfolg nun auch bereit, weiter zu eskalieren: mit einer Abstimmung über einen Austritt aus der Föderation. Der Rückendeckung Moskaus kann Dodik sich dabei sicher sein. Putin versucht seit Jahren, die EU an der Südostflanke zu schwächen.

Dodik und seinen Unterstützern geht es um nichts weniger als den nationalistischen Traum, ein Großserbien zu schaffen. Kein Wunder also, dass die Bosniaken genannten Muslime im Land, die die Mehrheit stellen, empört reagieren. Ihre politischen Vertreter sehen in der widerrechtlichen Abstimmung über den „Nationalfeiertag“ den Versuch, die aus dem Friedensabkommen von Dayton hervorgegangene Verfassung, auszuhebeln. Würde die Dayton-Verfassung abgeschafft, gäbe es auch keine Republika Srpska mehr. Die Karten würden neu gemischt.

Die Serben könnten den Staat Bosnien und Herzegowina zwar verlassen, aber ohne das Land, sagen die Bosniaken unmissverständlich. Diese Aussagen kommen einer Kriegsdrohung gleich. Natürlich weiß man auch in Brüssel, Berlin und Washington, welche gefährliche Zuspitzung sich in Bosnien ergeben könnte. Noch ist es nicht so weit. Brüssel hat gerade in der letzten Woche die Türen für Bosnien-Herzegowina geöffnet. Trotz ihres trotzigen Votums wollen die meisten bosnischen Serben nach allen Umfragen immer noch ins Europa der EU integriert werden. Doch um das zu erreichen, müssten die bosnischen Serben Kompromisse schließen können. Danach sieht es zur Zeit nicht aus.

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