Kommentar Reaktion auf Monsanto-Listen: Bayer spielt auf Zeit
Bayer versucht, die Affäre um Monsantos „Freunde und Feinde“-Listen auszusitzen. Der Konzern ist eben nicht viel besser als seine US-Tochter.
D ie Glaubwürdigkeit des Chemiekonzerns Bayer sinkt immer weiter. Erst musste das Leverkusener Unternehmen eingestehen, dass der von ihm gekaufte US-Pestizidhersteller Monsanto Freunde und Feinde auf Listen speicherte, die möglicherweise den Datenschutz verletzen. Und jetzt verzögert das Unternehmen die Aufklärung der Affäre seit Wochen.
Es geht nicht „nur“ um Datenschutz. Es ist für Monsanto-Gegner in höchstem Maße beunruhigend, dass das Unternehmen auch Informationen wie Privatadressen und Hobbys gespeichert hat. Denn Monsanto ist dafür bekannt, dass es zum Beispiel widerspenstige Bauern mit Detektiven überwachte.
Bayer kann sich nicht darauf zurückziehen, die Listen seien vor der Übernahme von Monsanto im vergangenen Jahr erstellt worden. Schließlich hat Bayer die Betroffenen nicht sofort informiert, nachdem französische Medien Mitte Mai die Affäre enthüllten. Vielmehr warten nach taz-Recherchen mehrere nachweislich auf der Liste geführte Journalisten und Politiker aus Frankreich immer noch auf Bestätigung durch den Konzern.
Obwohl Bayer behauptet hat, dass die von ihm beauftragte Rechtsanwaltskanzlei bereits bis 14. Juni die Briefe verschickt habe. Dass die Mitteilungen jetzt schon fast zwei Wochen in der Post hängen geblieben sein sollen, glaubt Bayer-Chef Werner Baumann wohl doch noch nicht einmal selbst.
Und warum schickt dieser internationale Konzern überhaupt Briefe und nicht E-Mails (kann man ja auch verschlüsseln)? Bayer spielt auf Zeit, um das Thema in den Medien abkühlen zu lassen. Wenn überhaupt, werden die Betroffenen erst nach und nach informiert, damit nicht anschaulich wird, was Bayer schon eingeräumt hat: dass Monsanto massenhaft Kritiker ins Visier genommen hat. So erweckt der Konzern den Eindruck, er wolle gar nicht alle Betroffenen vollumfänglich informieren.
Die Episode zeigt einmal mehr: Der ach so saubere Bayer-Konzern suggeriert gern, er sei viel transparenter als Monsanto. Aber das ist eine Lüge.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag