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Kommentar Ratingagentur verklagtEndlich tut's mal einer

Ein australisches Gericht hat eine Ratingagentur wegen falscher Bewertungen verurteilt. Auch Europa sollte Ratingagenturen dringend haftbar machen.

N iemand zweifelt mehr daran, dass die Ratingagenturen an der 2007 ausgebrochenen Finanzkrise eine Mitschuld tragen. Regelmäßig hatten sie durch ihre Bewertungen hochkomplexe und hochriskante Wertpapiere zur sicheren Wertanlage geadelt. Mitunter hatten sie sogar Banken bei der Entwicklung der Papiere beraten, die sie anschließend mit Bestnoten versahen. Die Anleger merkten erst in der Krise, dass die oft nur aus praktisch wertlosen US-Hypotheken bestehenden Wertpapiere alles andere als ein risikoloses Investment waren.

Jetzt wird die größte der Ratingagenturen, Standard & Poor’s, erstmals auch rechtlich dafür zur Verantwortung gezogen. Den Mut dazu hatte ein Bundesgericht in Australien. Dort hatten mehrere Kommunen rund 16 Millionen australische Dollar (12,8 Millionen Euro) in scheinbar todsichere Papiere investiert – und in der Finanzkrise fast alles verloren. Inklusive Zinsen und Anwaltskosten sprach ihnen das Gericht jetzt 30 Millionen Dollar Schadenersatz zu. Mit dafür aufkommen muss auch die niederländische Investmentbank ABN Amro, die die Papiere konstruiert hatte.

Das australische Gericht hatte es vergleichsweise einfach, zu seinem strengen Urteil zu kommen: Selbst ein Angestellter der Agentur soll intern die Bewertungen und die Modellannahmen, auf denen diese basierten, als „real mess“ bezeichnet haben, was man als echtes Durcheinander übersetzen kann – aber auch als Mordssauerei.

DIE AUTORIN

NICOLA LIEBERT ist freie Journalistin und Wirtschaftsexpertin.

Dennoch muss man sich fragen, warum es bisher in Europa nicht gelang, den Ratingagenturen juristisch beizukommen. Denn schließlich wurden auch hier dieselben Wertpapiere verkauft, um die es jetzt in Australien ging. Die Ratingagenturen waren aber bislang mit dem Verweis auf den Haftungsausschluss davongekommen. Sie halten es da wie das Fernsehen mit den Lottozahlen: Die Angaben erfolgen ohne Gewähr. Nur dass ihre Angaben nicht nur für ein paar Lottogewinner relevant sind, sondern für beträchtliche Teile der Weltwirtschaft. In den USA hatten sie sich sogar hinter dem Verfassungsartikel zur Meinungsfreiheit verschanzt.

Immerhin kann man nun davon ausgehen, dass die rechtliche Aufarbeitung weitergeht. Ermutigt vom Erfolg in Australien, haben Anwälte nun auch Klagen in Europa angekündigt. Und das ist gut so. Denn die Bemühungen um eine Re-Regulierung der Finanzmärkte sind bisher so halbherzig, so weichgekocht von Lobbyorganisationen, dass damit allein künftige Exzesse und Krisen wohl kaum verhindert werden.

Da ist es eine willkommene Ergänzung, wenn den Playern auf den Finanzmärkten erstmals abschreckende Strafen aufgebürdet werden. Schließlich wird auch so mancher potenzielle Dieb nicht allein durch die Existenz von Antidiebstahlsregeln abgeschreckt, sondern vor allem durch die drohende Bestrafung. Der Vorstoß des Europaparlaments, Ratingagenturen bei groben Fehlern, Fahrlässigkeit oder Regelverstößen für ihr Tun haftbar zu machen, ist daher dringend zu begrüßen.

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3 Kommentare

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  • P
    Paternoster

    Das ist eben der Neoliberalsimus: Hier haben die Gauner die besten Karten-,versagen sie,dann ist das ein Problem der Anderen. Das sind die Kreaturen, die den Sumpf schaffen, aber von anderen trocken legen lassen.Das sind die Teufel, die Unruhe und Kriege schaffen. Wann tun unsere politischen Schaumschläger endlich mal was dagegen? Außer Dummes Geschwätz ist von denen nichts zu erwarten. Wer wählt diese Trottel eigentlich noch?

  • A
    aujau

    Kann man Ratingagenturen eigentlich auch herabstufen?

    Das wärs doch.

  • A
    anke

    Gut zu wissen, dass die Bewertung der diversen Rating-Agenturen nichts weiter ist als eine (extrem gut bezahlte) Meinung. Ob's hilft? Ich fürchte: nein. Man will ja doch ganz gerne geführt werden, auch und vor allem hierzulande. Notfalls eben von Leuten, die nichts weiter haben als eine sehr hoch bezahlte Meinung. Könnte ja sein, diese Meinung wird zum Trend, von dem sich profitieren lässt...

     

    Übrigens: Dass "so mancher potenzielle Dieb […] durch die drohende Bestrafung [abgeschreckt wird]", ist ebenfalls nur eine Meinung. Allerdings eine, die weniger gegen das Strafen spricht als gegen die Erwartung, sie würde von Dummheit schützen.