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Kommentar Probleme der BundeswehrWie die Deutsche Bahn

Pascal Beucker
Kommentar von Pascal Beucker

Die Bundeswehr wurde nicht „kaputtgespart“. Die Pleiten-, Pech- und Pannenserie ist hausgemacht. Weniger Auslandseinsätze wären eine Lösung.

Die großen Auslandseinsätze standen im Mittelpunkt. Repariert wurde nur noch wenig. Bild: reuters

D ie Aufregung ist groß. Die Bundeswehr könne im Falle eines NATO-Bündnisfalls ihre Verpflichtungen nicht erfüllen, schallt es aus allen Kanälen. Nicht einmal die sechs Ausbilder, die die Bundesregierung zur Waffenunterweisung zu den Peschmerga in den Irak geschickt hat, kamen pünktlich an.

Was die Lufthansa in rund sechs Stunden schafft, dafür brauchte die Bundeswehr dank defekter Flugzeuge sechs Tage – gleich dreimal musste die Transall-Maschine ausgetauscht werden. Die Reaktionen waren erwartbar: Hohn und Spott paaren sich mit Rufen nach einer Erhöhung des Verteidigungshaushalts.

Dass der Zustand des militärischen Geräts bei der Bundeswehr nicht der beste ist, ist nicht ernsthaft zu bezweifeln. Der – noch geschönte – Mängelbericht, den die Inspekteure von Heer, Marine und Luftwaffe in der vergangenen Woche dem Verteidigungsausschuss des Bundestages vorgelegt haben, spricht Bände. Es ist bemerkenswert, was alles bei der Bundeswehr derzeit nicht einsatzfähig ist.

Allerdings sind die Ausrüstungsprobleme keineswegs darauf zurückzuführen, dass die Bundeswehr in den letzten zwei Jahrzehnten „systematisch kaputtgespart“ worden sei, wie ausgerechnet der ehemalige Wehrbeauftragte Reinhold Robbe beklagt.

Eine Folge von Missmanagement

Der Sozialdemokrat müsste es besser wissen: Mit der tatkräftigen Beteiligung seiner Partei ist der Verteidigungsetat in den vergangenen fünfzehn Jahren drastisch gestiegen, von 24,3 Milliarden Euro im Jahr 1999 auf inzwischen 32,4 Milliarden. Geld hat die Truppe mehr als genug. Die Frage ist nur, wofür es eingesetzt wird.

Die Situation der Bundeswehr erinnert an die der Deutschen Bahn zu Zeiten Hartmut Mehdorns. Der hatte die Züge an die Grenze der Fahruntüchtigkeit gebracht, weil er für den von ihm angestrebten Börsengang die Profitabilität der Bahn durch dramatische Einsparungen im Wartungsbereich kurzfristig hochpumpen wollte.

Ähnlich sieht es jetzt auch bei der Bundeswehr aus. Die gegenwärtige Pleiten-, Pech- und Pannenserie ist hausgemacht, eine Folge von Missmanagement – und maßgeblich politisch motiviert.

Das Verteidigungsministerium hat seine Mittel auf die großen Auslandseinsätze konzentriert. Die Materialwartung wurde hingegen heruntergefahren, Reparaturaufträge storniert. Das rächt sich jetzt. Die logische Konsequenz wäre, die militärischen Aktivitäten Deutschlands zu reduzieren, was zu enormen Kostenreduzierungen führen würde. Immerhin laufen derzeit weltweit 17 Bundeswehreinsätze.

Doch dazu wird es nicht kommen. Schließlich will die schwarz-rote Regierung, dass Deutschland quer über den Globus eine noch aktivere Rolle übernimmt. Die aktuelle Diskussion läuft deswegen auf das Gegenteil dessen hinaus, was vernünftig wäre. Gestritten wird nur noch, ob eine Erhöhung des Verteidigungsetats notwendig ist. Eine Reduzierung fordern nicht einmal mehr die Grünen.

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Pascal Beucker
Inlandsredakteur
Jahrgang 1966. Arbeitet seit 2014 als Redakteur im Inlandsressort und gehört dem Parlamentsbüro der taz an. Zuvor fünfzehn Jahre taz-Korrespondent in Nordrhein-Westfalen. Seit 2018 im Vorstand der taz-Genossenschaft. Sein neues Buch "Pazifismus - ein Irrweg?" ist gerade im Kohlhammer Verlag erschienen.
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16 Kommentare

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  • btw: Ich muss immer grinsen, wenn ich die öffentlichen Ausschreibungen des "Bundeswehr Karrierecenter" lese:

     

    Bedarf besteht recht viel an

     

    Kursen

    - für Deutsche Rechtschreibung und

    - Englisch für Anfänger

     

    oder auch für Offiziere:

     

    - Financial Management

     

    Ich frage mich dann immer, wen die einstellen oder was die die ganze Zeit gemacht haben.

     

    Ähnliche Ausschreibungen gibt es auch von Jobcentern (zwecks Eingliederung in den Arbeitsmarkt bestimmter "Klientengruppen")

  • Ich habe vor ca 10 Jahren an der Uni die These aufgestellt, es gänge bei der Bundeswehr nur um "wixen" und "saufen". Wir (ein paar Kommilitonen, mein Doktorvater und ich) haben mit 4500 Soldaten gesprochen. 3949 haben die These freizügig bestätigt und von ihren onanösen und komatösen Erfahrungen berichtet.

  • 9G
    90191 (Profil gelöscht)

    Es kreischt hysterisch der Militarist:

    "Unsere Armee nicht zu gebrauchen ist!

    Will man in den Krieg,

    so winket uns kein Sieg,

    Pannen nerven unsre Mannen

    nebst Löchern in den Pfannen,

    und Löchern in den Schuh´n!

    So können die nix tun

    für´s deutsche Vaterland,

    es ist doch eine Riesenschand!"

    Indes wer die Geschichte kennt,

    der weiß, wenn man ins Ausland rennt,

    mit Waffen und im grünen Hemd,

    man schnell die Fingerchen verbrennt.

  • wenn Auslandseinsätze politisch sind, muss auch die Politik dafür sorgen, dass Soldaten auch dementsprechend ausgerüstet werden, Frieden schaffen wollen, ohne anständige Ausrüstung , den Soldaten gerade mal ein G36 zur Verteidigung, Schützenpanzer ohne Bewaffnung usw, das stimmt mich traurig, letztes Jahr musste man 40 Köche nach AFG abkommandieren, was soll uns das sagen? 400 Paar kaputte Stiefel, nagelneu, schaut da keiner nach, wer weis was noch alles im Argen lag und liegt, die Herrn und jetzt die Frau vdL machen nur auf Fotosafari, wer kümmert sihc um den Schützen A..... wie gehabt keiner, ich möchte mal sehen, wies es um die Hinterbliebenen der gefallenen BW Soldaten steht, die BW war noch nie eine halbwegs gut ausgerüstet ARMEE??? eher eine Ausrede, und von welchen Streikräften schreiben Sie, dei BW war noch nie eine Streitkraft !

    • 9G
      90191 (Profil gelöscht)
      @Georg Schmidt:

      Falsch. Wenn Auslandseinsätze nötig werden, hat die Politik bereits versagt.

       

      Übrigens: Soldaten schaffen so viel Frieden, wie Totengräber Hebammendienste tun.

       

      Der Schütze Arsch indes hat sich für seine Lage selbst entschieden: Wer in den Krieg zieht, kann darin umkommen. Gezwungen wird heutzutage ja niemand mehr. Und die Industrie sucht händeringend Azubis - aber die nehmen halt nicht jeden. Wenn man sich überlegt, was in dieser Situation qualitativ an Bewerbern noch sitzen bleibt und dann im Auffangbecken Bundeswehr landet - ja, muß man sich da wundern, daß die aufwändige Wartung eines komplexen Waffensystems von solchem Personal beim besten Willen nicht zu bewältigen ist? Stellen Sie sich vor, das Wartungspersonal der Wehrmacht hätte nur aus Leuten bestanden, die mangels Fähigkeit keine Lehrstelle als Schlosser, Mechaniker oder Elektriker bekommen haben: Der Krieg wäre schon Mitte September ´39 vorbei gewesen.

  • Auslandseinsätze sind keine Managemententscheidungen, Herr Beucker. Sie sind Teil des politischen Auftrags. Und sie kosten Geld. Und die Tatsache, dass unser friedliebendes Land eigentlich immer noch nicht weiß, was für eine Armee es eigentlich haben will, kostet auch Geld.

     

    Aber dass man der Versorgung der Soldaten im Krisengebiet Priorität vor heimischen Wartungszyklen einräumt, ist auch eine wenig verwunderliche Entscheidung und sicher keine "Missmanagement". dass die Bundeswehr dem Patrlament erklärt, dass sie für's Kämpfen mehr Geld braucht als für's Rumsitzen, sollte Jedem einleuchten.

     

    Missmanagement sind andere Dinge: Die wahnsinnige Beschaffungsbürokratie, die stumpfen Vergabeverfahren, die regelmäßig zu Aufträgen führen, die zwar nominell billig, faktisch aber gar nicht erfüllbar sind. Und ja: Wie jeder Staatsapparat hat auch die Bundeswehr die Tendenz, immer erst mal reflexmäßig nach mehr Mitteln, Personal etc. zu schreien, bevor sie über Lösungen innerhalb des gegebenen Rahmens nachdenkt.

     

    Aber dass Sie allen Ernstes hingehen und den Streitkräften daraus einen Strick drehen wollen, dass sie nun einmal Einsätze zu fahren haben und das Geld kostet, ist schlicht billig.

  • es ist dieser Privatisierungswahn und sind wir ehrlich , auch die BW ist zu 60% privatisiert-ob Energie, Verkehr, Versorgung, Wohnen, alles wurde verkauft, verkauft an gewinnorientierte Unternehmen oder in die Hände Ex Politiker, die als Vorstände agierten, gegeben, es ist halt eine grosse Torte, jeder, schneidet sich ein grosses Stück heraus und Sahne obendrauf, tja, und dann wudnert man sich, wenn im Volk so miesse Stimmung ist!

  • Wenn man sich mal die Zahlen der Waffensysteme und gleichzeitig die Zahl der Soldaten anschaut wird schon ein krasses Missverhältnis offensichtlich.

     

    Wenn eine Truppe um 1 Soldaten(in) ins Ausland zu senden 10 in der Heimat benötigt ist das vor allem der Beweis von unfassbarer Ineffizienz. Und dieser Zustand ist ja nicht erst seit gestern bekannt.

     

    In anderen Staaten wird dies mit weniger als der Hälfte (3 bis 4) des bei uns benötigten Personals erreicht. Stellte man dieses Unsinn endlich ab, wäre auch genügend Geld da die Waffensysteme in Schuss zu halten. Die Bundeswehr muss sich dringend ihres Wasserkopfes entledigen. Aber da offensichtlich jeder irgend wen braucht dem er was zu befehlen hat, wird da nicht viel passieren.

     

    Mehr Geld kann dieses Problem in jedem Fall nicht lösen. Andererseits kann eine solche Armee wenigstens nicht viel Unsinn anstellen.

  • Salamitaktik:

     

    Erst wird der Bevölkerung gesagt, dass die militärischen Abenteuer nichts kosten würden. Der unsinnige Einsatz in Afghanistan hätte sich nicht so einfach durchsetzen lassen, wenn gleichzeitig eine Steuererhöhung beschlossen worden wäre.

    Jetzt sollen die Ausgaben erhöht werden, weil der eigentliche Zweck der Bundeswehr nicht mehr erfüllt werden kann.

    Neben den Auslandseinsätzen ist die Industriepolitik bzw. Korruption ein weiterer Grund. Nicht nur Drohnen und Flugzeuge werden am Bedarf vorbei überteuert gekauft. Die Bundeswehr scheint als Mittel zur Förderung bestimmter Industrien, Firmen und Personen missbraucht zu werden.

    VdL sollte daher als erstes ihre Kriegsrhetorik begraben und nicht nach mehr sondern nach weniger Auslandseinsätzen rufen. Daneben sollte sie die Beschaffung grundsätzlich anders organisieren: Mehr Fachkompetenz und weniger politische Einflussnahme. Letzteres dürfte ihr allerdings persönlich schwer fallen.

  • Der Artikel sagt es: die Pannenserie ist dem Missmanagement und Kriegseifer geschuldet und darf keine zusätzliche Bereitstellung von Geldern zur Folge haben.

    Schon an der Griechenlandpleite verdienen deutsche Rüstungsunternehmen, bitte jetzt nicht auch noch mehr hinterher schmeißen!

  • "Eine Reduzierung fordern nicht einmal mehr die Grünen."

     

    Na ja, die haben ja auch seit Joschka "aussenpolitische Verantwortung" schultern wollen.

     

    Die Linke hingegen (unerwähnt im Artikel) scheint anderer Meinung zu sein:

     

    "Fundamentale Kritik an den Verteidigungsausgaben übte für die Fraktion Die Linke der Abgeordnete Dr. Alexander S. Neu. Nach der Nato-Berechnung lägen diese in Wirklichkeit bei mehr als 35 Milliarden Euro. Im Bündnis habe Deutschland somit den viertgrößten Wehretat, weltweit den siebtgrößten.

     

    Obwohl alle großen Auslandseinsätze der Bundeswehr und Militärinterventionen des Westens gescheitert seien, etwa im Irak und in Afghanistan, werde weiterhin an dieser falschen Politik festgehalten. Zugleich würden alte Feindbilder wie im Fall Russlands reaktiviert, um die Verteidigungsausgaben zu erhöhen. Die Bundeswehr müsse konsequent zu einer reinen Verteidigungsarmee umgebaut werden, forderte Neu."

     

    https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2014/kw37_de_verteidigung/296226

  • "..Wie die Deutsche Bahn.." Die hat ja mittlerweile Konkurrenz bekommen. Privatisierung hilft immer.

     

    Eisenbahn, Schule und auch Militär,

    Asylantenheime und Straßenverkehr:

    Armeen von Privat-Investoren solln her,

    dann freuet sich der „Freie Markt" aber sehr.

    • 9G
      90191 (Profil gelöscht)
      @lichtgestalt:

      Privatisierung ist das A und O der Zukunftsfähigkeit. Privatisierung kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Wir sollten auch den Bundestag privatisieren, so daß man künftig nur noch wählen muß, welche Leihfirma das Personal bereitstellt.

       

      Privat muß endlich alles werden,

      alles, was es gibt auf Erden,

      dann rollt der Rubel ohne Ende,

      daß alle reiben sich die Hände

      und stimmen fröhlich mit uns ein:

      Das Leben will gekaufet sein!

  • Die Bundeswehr bricht Bündnis-Verträge, gaukelt Einsatzfähigkeit vor, wo keine ist.

     

    Was, wenn es wirklich mal zu einem Ernstfall kommt? Was, wenn Deutschland wirklich mal auf sich gestellt wäre bei der Verteidigung des Landes?

     

    Ich sehe schon U.v.d.Leyen vor mir; in einem gemieteten Cabriolet von Sixt oder der Bundeswehrleasing, Kochlöffel-schwingend auf dem Beifahrersitz stehend und rufend: "Hinweg, ihr Eindringlinge. Sonst gehts sofort in die Wuthöhle..."

     

    Und hinter ihr fünf Tieflader voll mit Helikopter-Resten, halben Panzern und Soldatinnen, die ihre Kleinkinder auf den Notsitzen festgeschnallt haben (mit Panzerband)...

    • 9G
      90191 (Profil gelöscht)
      @Beatbox Racker:

      Wo kein Bündnisfall vorliegt, kann auch kein Bündnisvertrag gebrochen werden.

    • @Beatbox Racker:

      Ärgerlich ist vor allem, dass das ganze seit Jahrzehnten so geht. Schon als Wehrdienstleistender habe ich mich 1988 (!) gefragt, was mit dieser Gurkentruppe gegen eine richtige Armee eigentlich ausgerichtet werden soll.

       

      Seitdem wurde die Truppe von einer Personalstärke - nur BW ohne NVA (!) - von 495.000 Mann auf lächerliche 185.000 Mann_innen blauäugig zusammengeschrumpft. Das damals schon alte Material ist noch älter geworden und wurde zusätzlich in der Menge verringert.

       

      Die Wehrpflicht wurde ausgesetzt und Heimatschutzbrigaden wurden abgeschafft. Im Ernstfall stünde also nicht einmal eine echte Reserve bereit. Stattdessen plant man/frau Kitas und Flachbildfernseher_innen auf den Stuben.

       

      Die Krönung ist allerdings, dass ahnungslose Laiendarsteller, die nie eine Waffe in der Hand hatten (ein Pfarrer, eine Pfarrerstochter und eine siebenfache Mutter) vollmundig weltweite Einsätze fordern.

       

      Wer hieran schuld ist, ist wurscht. Jetzt sollten schleunigst Fachleute (!) ohne Schönfärberei analysieren und zügig Lösungskonzepte erarbeiten.

       

      Sonst gehen im Verteidigungsfall ganz schnell die Lichter aus.

       

      Und nur am Rande: Wer nicht einmal sein eigenes Land verteidigen kann, hat bei Auslandseinsätzen erst Recht nichts verloren.