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Kommentar Probleme bei GroßprojektenNot made for Germany

Das Credo Made in Germany gilt nur für den Export. Im Inland klappt leider gar nichts – der Berliner Flughafen und Stuttgart 21 zeigen es.

D ie Standartenträger der deutschen Ingenieurskunst bei Siemens und Co sind also davon überfordert, einem Flughafen einen Brandschutz zu verpassen. Übrigens scheint auch der Stuttgarter Tiefbahnhof S21 beim Brandschutz eine Achillesferse zu haben – eine von vielen.

Vom Brandschutz an der ebenfalls von gigantischen Kosten begleiteten Dauerbaustelle der Hamburger Elbphilharmonie war bislang nur am Rande zu hören. Doch hielt dort zuletzt ja noch nicht einmal das Dach.

Während der Bau von Brandschutz- und Klimaanlagen, Zügen, Bahnhöfen, Flughäfen und Kulturtempeln die deutsche Industrie regelmäßig zu überfordern scheint, lassen sich deutsche Technik und Maschinen wunderbar in alle Welt verkaufen. Das lässt mehrere Schlüsse zu: Beschränken sich die Fähigkeiten der deutschen Hersteller vielleicht nur noch auf Schießgerät und Verbrennungsmotoren? Sollte jemand noch am Mythos Made in Germany festhalten wollen, müsste man hier einen Zusatz „to kill or burn carbon“ empfehlen.

Bild: privat
Ulrike Winkelmann

ist Co-Leiterin des Inlandsressorts der taz.

Möglich ist aber auch, dass Made in Germany deshalb keine Übersetzung ins Deutsche kennt, weil die Firmen unterscheiden: Sitzt der Auftraggeber im Ausland, empfiehlt sich die Wahrung des guten Rufs durch pünktliche Lieferung eines funktionierenden Produkts zum vereinbarten Preis. Ist der Auftraggeber bloß der deutsche Staat, entfällt schon ab mittlerer Projektgröße jegliche Konkurrenz. Sobald die Baustelle too big to fail ist und von ausreichend ungeeigneten Politikern kontrolliert wird, schrumpft offenbar der Ehrgeiz.

Möglicherweise sind die resultierenden Kostenexplosionen als Zusatzbeitrag der SteuerzahlerInnen zum Exporterfolg zu betrachten. Motto: Wir können alles. Aber nicht hier.

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Ulrike Winkelmann
Chefredakteurin
Chefredakteurin der taz seit Sommer 2020 - zusammen mit Barbara Junge in einer Doppelspitze. Von 2014 bis 2020 beim Deutschlandfunk in Köln als Politikredakteurin in der Abteilung "Hintergrund". Davor von 1999 bis 2014 in der taz als Chefin vom Dienst, Sozialredakteurin, Parlamentskorrespondentin, Inlandsressortleiterin. Zwischendurch (2010/2011) auch ein Jahr Politikchefin bei der Wochenzeitung „der Freitag“.
Ulrike Winkelmann
Chefredakteurin
Chefredakteurin der taz seit Sommer 2020 - zusammen mit Barbara Junge in einer Doppelspitze. Von 2014 bis 2020 beim Deutschlandfunk in Köln als Politikredakteurin in der Abteilung "Hintergrund". Davor von 1999 bis 2014 in der taz als Chefin vom Dienst, Sozialredakteurin, Parlamentskorrespondentin, Inlandsressortleiterin. Zwischendurch (2010/2011) auch ein Jahr Politikchefin bei der Wochenzeitung „der Freitag“.
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6 Kommentare

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  • P
    Peter

    Und wieder mal werden rein die Hersteller und Baufirmen als Schuldige ausgemacht. Gerade der Vergleich von Siemens zeigt das sie mehr herstellen als Autos und Waffen. Warum fährt etwa der Velaro China, Russland und Spanien, aber in Deutschland nicht? Könnte EADS nicht auch schlicht daran liegen das die deutschen Normen, Zulassungsbeschränktbehörden und Gerichte mittlerweile jedes Augenmaß verloren haben. Lieber bleiben uralte gefährliche Anlagen über Jahre in Betrieb als das man etwas neues zulässt das nur 98 % der sehr hohen deutschen Standards erfüllt. Kein Wunder das es ausländischen Firmen graut in Deutschland etwas zugelassen zu bekommen.

  • O
    Ott-one

    Made in Germany, man kann auch sagen, der Wurm ist drin.

  • FS
    frank s.

    könnten bitte mal bei der taz journalisten über themen schreiben, die sie auch verstehen?

     

    dass eine von der taz und den im wahrsten sinne des wortes "hochvermögenden" salon/millionärsbolschewisten beim freitag sozialisierte politikredakteurin wirtschaftliche zusammenhänge nicht ganz überblickt dürfte klar sein - aber muss das den lesern zugemutet werden?

     

    dieser flughafen ist das beste beispiel dafür, was passiert wenn die grassierende staatsgläubigkeit weiter rot-grüner kreise noch weiteres futter bekommt.

     

    diese verzögerung und alle damit zusammenhängenden probleme sind auf die generelle unfähigkeit der politik zurückzuführen großprojekte sinnvoll zu planen, zu kontrollieren und bei abweichungen hart durchzugreifen. und das ist parteiübergreifend, da nehmen sich schwarze und rote nichts

     

    und jetzt so einen unsinn über die angebliche unfähigkeit der industrie im zusammenhang mit dem flughafen zu schreiben zeugt von grundlegendem unverständis über die handlungsweise der akteure bei großprojekten. eine siemens oder eine bosch werden genau das liefern, was bestellt wurde. und wenn nicht ein stück entrauchungsanlage mit genau festgelegten spezifikationen bestellt wurde (was eben nicht passiert ist) wird das auch nicht geliefert, sondern nur teilkomponenten, deren systemintegration dann jemand anders zu verantworten hat. und wenn dieser jemand dann eine öffentlich rechtliche gesellschaft ist, weiss man eigentlich schon vorher, was passiert - es will nur niemand hören.

     

    um fair zu bleiben - auch die industrie hat eine gehörige liste von projektversagen (thyssen, toll collect, airbus...). Allerdings der failure case ist bei staatsmanagement so gut wie sicher, während das in der industrie bei spektakulären ausnahmen bleibt.

     

    da das natürlich der "staat muss alles regeln" ideologie der taz zuwiderläuft muss jetzt natürlich jemand anders verantwortlich sein - und diese scheuklappen nerven

  • A
    ama.dablam

    Im Inland klappt leider garnichts? Das mag auf den Journalismus zutreffen, da kenne ich mich nicht so gut aus, wie die Schreiberin. Ansonsten klappt, gerade bei Industrieunternehmen, eine ganze Menge, das erlebe ich jeden Tag bei Gesprächen und Verhandlungen mit mittelständischen und mit Großunternehmen im Maschinenbau. Auch und gerade im Inland.

     

    Wenn man keine Ahnung hat, einfach mal...genau!

  • N
    Normalo

    Auf den viel offensichtlicheren Zusammenhang zwischen den strauchelnden Großprojekten, nämlich dass sie alle von staatlichen oder staatseigenen Bauherrn bestellt und beaufsichigt werden und immer schon großen politischen Wirbel verursacht haben, geht der Kommentar leider nicht ein.

     

    Wenn man einen Auftraggeber hat, der Angebote nach dem Prinzip der Wählerbeschwichtigung auswählt, nie so richtig genau weiß, was er eigentlich will, Bürokratie liebt und Verantwortung hasst, immer nur ANDERER Leute Geld ausgibt und obendrein nur einen Bruchteil der fachlichen Kompetenz hat, die er sich selbst zutraut - was soll man dem liefern außer dem Murks, den er bestellt hat?

  • ???

    versteh ich nicht.