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Kommentar Präsidentenwahl ÖsterreichDas Lachen im Hals

Robert Misik
Kommentar von Robert Misik

Die Präsidentenstichwahl gerät zur Lachnummer. Die FPÖ hetzt über das „System“, doch van der Bellen gibt sich staatsmännisch und ausgleichend.

Der Kleber hält nicht, aber halten die Wähler und Wählerinnen noch durch? Foto: dpa

E rst eine Präsidentenstichwahl, bei der es zu landestypischen Schlampereien kommt, dann ein Verfassungsgerichtshof, der das Ergebnis mit einer Erkenntnis aufhebt, die von den meisten Experten mittlerweile für ein krasses Fehlurteil gehalten wird. Und jetzt auch noch ein Wahltermin, der verschoben werden muss, weil der Kleber nicht hält? Österreichs Präsidentenstichwahl wird zur Lachnummer. Bundespräsidentenstichwahlwiederholungsverschiebung – bei diesem Wortungetüm bleibt einem das Lachen im Hals stecken.

Seit bald acht Monaten ist Österreich jetzt im Präsidentschaftswahlkampf – die letzten fünf davon im Entscheidungswahlkampf zwischen dem grünen Kandidaten Alexander van der Bellen und dem der rechtsradikalen Freiheitlichen Partei, Norbert Hofer. Fünf Monate extreme Polarisierung, fünf Monate hochgehende Emotionen – und jetzt kommen noch mindestens zweieinhalb dazu. Schon machen Scherzbildchen die Runde: „Präsidentenwahl 2016–2019 – ich war dabei.“

Welche Auswirkungen kann dieses Fiasko auf die Wahl selbst haben, die voraussichtlich Anfang Dezember stattfindet? Alexander van der Bellens Wahlkampf hatte in den letzten Wochen viel Momentum, unzählige Initiativen aus der Zivilgesellschaft machen sich für ihn stark – dieser Lauf ist jetzt durch die neuerliche Panne erst einmal gestoppt. Zugleich positioniert sich sein Gegner als Anti-Establishment-Kandidat, und die FPÖ trommelt jetzt natürlich fleißig, dass „das System“ diesen Wahlkartenskandal verursacht hat. Alles, was Zorn auf die Regierung begründet, hilft zunächst dem Anti-System-Kandidaten.

Aber die Polarisierung und die zunehmend radikalisierte Anti-System-Rhetorik, in die sich die FPÖ hineinschraubt, kann letztlich auch dem grünen Kandidaten nützen. Er wächst mehr und mehr in die präsidiale Rolle hinein, gibt sich staatsmännisch und ausgleichend – während sein Konkurrent Gefahr läuft, ein rein ultrarechtes Programm für seine Stammklientel zu fahren und darüber die Mitte zu verlieren.

Scherze machen die Runde: Präsidentenwahl 2016–2019 – ich war dabei

Anti-System-Zorn versus maßvolle Vernunft: Man wird sehen, welche dieser beiden Dynamiken den Ausschlag geben wird. Das Land ist gespalten. Nur eines eint die Österreicher und Österreicherinnen wohl: Die meisten hätten diese endlose Geschichte gern schon hinter sich.

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Robert Misik
Geboren 1966, lebt und arbeitet in Wien. Journalist, Sachbuchautor, Ausstellungskurator, Theatermacher, Universaldilettant. taz-Kolumnist am Wochenende ("Der rote Faden"), als loser Autor der taz schon irgendwie ein Urgestein. Schreibt seit 1992 immer wieder für das Blatt. Buchveröffentlichungen wie "Genial dagegen", "Marx für Eilige" usw. Jüngste Veröffentlichungen: "Liebe in Zeiten des Kapitalismus" (2018) und zuletzt "Herrschaft der Niedertracht" (2019). Österreichischer Staatspreis für Kulturpublizistik 2009, Preis der John Maynard Keynes Gesellschaft für Wirtschaftspublizistik 2019.
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1 Kommentar

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  • Diese Posse nützt letztlich allen, die Demokratie für überflüssig halten. Allerdings verdeckt sie auch einen anderen Aspekt. Die anderen Parteien hätten auch das Krümelmonster aufstellen können, denn es ist eine Wahl für oder gegen Hofer. Und das sollte nachdenklich stimmen.