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Kommentar Polizeikosten im FußballDer Staat spielt mit

Andreas Rüttenauer
Kommentar von Andreas Rüttenauer

Der Fußball tut doch längst alles, um Problemfans Probleme zu bereiten. Was soll also dieses seltsame Einklagen von Geld?

Längst bezahlt: Polizeieinsatz im Jahr 2014 beim Spiel Werder Bremen gegen HSV Foto: dpa

D ie Deutsche Fußballliga muss also nicht für Polizeieinsätze bei besonders brisanten Partien bezahlen. Die Gebührenbescheide, die dem Dachverband der deutschen Profiklubs vom Land Bremen zugeschickt worden sind, wurden vom Verwaltungsgericht Bremen als nicht rechtmäßig bezeichnet.

Im Sinne einer plumpen Steuerzahlerlogik ist das Urteil ein Ärgernis. Nach der wäre es nur logisch, wenn der immer reicher werdende Profifußball für die Kosten aufkommt, die im Zusammenhang mit den von ihm veranstalteten Spielen entstehen. Ist schon richtig: hätte der Hamburger SV nie gegen Werder Bremen gespielt, dann wäre so manche Einsatzstunde bei der Polizei gar nicht erst angefallen. Im Sinne dieser Logik gehört so ein Spiel dann am besten gleich ganz verboten.

Aber ist der Fußball als Veranstalter auch Ausrichter der Auseinandersetzungen zwischen den Fans? Ist die DFL die Schlachtenlenkerin in den Fankriegen, wie sie zwischen Anhängern von Borussia Dortmund und Schalke 04 oder Hannover 96 und Eintracht Braunschweig regelrecht zelebriert werden? Wohl kaum.

Kommt es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Fangruppierungen, sind die Funktionäre die ersten, die behaupten, bei den Beteiligten handele es sich um Verbrecher, die mit dem Fußball nicht am Hut hätten. Das Wort Fans wird dann in Anführungszeichen gesetzt.

Randale als Jugendkultur

Wer das Abbrennen von pyrotechnischen Erzeugnissen für eine stimmungsvolle Art hält, die Kurve einzufärben, der wird von den Klubs beäugt wie ein Schwerverbrecher. Und wer ein kritisches Transparent in der Kurve hochhält, auch der muss damit rechnen, mit einem Stadionverbot belegt zu werden, selbst wenn er auf seine Tapete nicht viel mehr geschrieben hat als „Scheiß DFB!“

Wenn randaleorientiertes Fanverhalten zur Jugendkultur wird, ist das ein gesellschaftliches Problem, für dessen Lösung es ohnehin mehr braucht als polizeiliche Maßnahmen

Der Fußball tut beinahe alles, um sogenannten Problemfans Probleme zu bereiten. Er erstellt Sicherheitskonzepte, die nur einen Schluss zulassen: Der Fußball ist längst Freund und Helfer der Polizei. Was soll also dieses Einklagen von Geld?

Wenn randaleorientiertes Fanverhalten zur Jugendkultur wird, ist das ein gesellschaftliches Problem, für dessen Lösung es ohnehin mehr braucht als polizeiliche Maßnahmen. Hier ist der Staat in der Verantwortung. Die sollte er doch bitte nicht privat wirtschaftenden Unternehmen wie den Profiklubs der Bundesliga zuschieben.

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Andreas Rüttenauer
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8 Kommentare

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  • Ich wüßte jetzt nicht, daß im Eishockey oder Handball die Fans gesondert zum Stadion und dorthinein geleitet werden müssen. Und da ist das Spiel weitaus körperbetonter als Fußball.

    Also, rein logisch müßte die Flankierung der (warumauchimmerdasseinmuß) getrennten Fans durch die Vereine organisiert und bezahlt werden. Dafür gibts zertifizierte Security. Paar Polizisten, die halt bißchen gucken, daß da Unbeteiligten nix passiert sind ja o.k., aber keine Hundertschaften!

    Das mit der Gewalt ist kein Phänomen von Jugendlichen. Die "bösen Jungs" sind wohl in überwiegender Mehrheit älter als 18, lieber Andreas!!!

  • ABSOLUT! Ich stimme Herrn Rüttenauer 100% zu.

     

    Man lässt auch nicht den Hausbesitzer den Polizeieinsatz bezahlen, nur weil sein Haus so schön ist, daß es Einbrecher anzieht. Ich weiß der Vergleich hinkt etwas. Aber der Klub kann m. E. nicht für die Straftaten von jedermann verantworlich gemacht werden. Das kann nämlich auch mal schnell von Feinden ausgenutzt werden, um einen Klub bezahlen zu lassen. Die Kutten bekommt man ja überall...

     

    Also Urteil ist richtig. Artikel ist super. Alles gut... :)

    • @Nobodys Hero:

      Feinde des Fußballs?!?

       

      Nichts für ungut, aber an ihrer Sprache sollt ihr sie erkennen ;)...

      • @Hugo:

        Erst nachdenken, dann unken! ;')

         

        Die Feinde beziehen sich in meinem Kommentar auf den jeweiligen Klub.

         

        Genauer: Es könnte doch durchaus sein, daß ein paar Eintracht Fans denken, sie würgen den Bayern Fans jetzt mal einen rein und verkleiden sich dementsprechend und "bauen Mist". Es würde doch den Bayern-Fans angelastet werden und auch dem FC Bayern.

         

        Verstehen Sie? Es muss doch eigentlich erstmal bewiesen sein, daß es auch wirklich richtige Fans sind und nicht die vom gegenerischen (feindlichen) Klub.

  • Warum soll ich mit meinen Steuern die Sicherheitsprobleme finanzieren, welche durch Veranstaltungen einer Milliardenschweren Industrie verursacht sind.

    • @insLot:

      Meinen Sie jetzt die politischen NGOs und ihre Demos oder reden Sie von Fußball?? ;-)

  • Seltsam! Haben Steuerzahler denn eine eigene Logik? Eine, die – im Gegensatz zur eleganten von Andreas Rüttenauer – „plump“ sein kann?

     

    Es mag ja zeitgemäß sein, nur die Gewinne seines Tuns zu privatisieren, Kosten bzw. Risiken aber der Gemeinschaft zu überlassen. Nur: Wären Brot und Spiele nicht seit mehr als 2000 Jahren überlebenswichtig für Gemeinwesen wie unseres, würde Fußball sicherlich schon längst nicht mehr so exzessiv gefördert werden, wie derzeit (noch).

     

    Irgendwo muss man den Frust, den man als abhängig beschäftigter und politisch kastrierter deutscher Mann massenhaft vor sich her schiebt, wohl einfach abkippen. Warum nicht am Rand deutscher Fußballplätze – wenn man denn glaubt, man käme in existenzielle Schwierigkeiten, wenn man ihn z.B. auf öffentlichen Straßen oder im Job(Center) abreagiert?

     

    Genau wie die alte römische, beruht auch die moderne deutsche Gesellschaft (auf einer Wirtschaft die auf) Ausbeutung und Unterdrückung (fußt). Weshalb also sollte ein Fußball, der Teil einer globalisierten Wirtschaft ist, nach anderen Regeln spielen, als eben diese Wirtschaft?

     

    Ganz einfach: Weil Sport auch etwas anderes sein könnte als ein Stellvertreterkrieg. Ein Gegenentwurf nämlich. So etwas wie Kunst oder Kultur (die leider auch immer kommerzieller werden). Ein Raum, in dem wir Menschen angstfrei miteinander spielen können.

     

    Eine Welt, in der alles nur noch Wirtschaft ist, ist langweilig und unproduktiv. Sie erzeugt noch mehr Frust, als die ausbeutende Wirtschaft ohnehin bereits erzeugt. Frust, der sich nachher in Gewalt entladen muss, die nicht nur für die Betroffenen gefährlich ist, sondern auch für völlig Unbeteiligte.

     

    Nein, Das Spiel gehört nicht „gleich ganz verboten“. Auch das Fußballspielen nicht. Im Gegenteil: Es muss erst einmal (wieder) möglich werden. Und dafür braucht es Klubs, die Verantwortung übernehmen für die Folgen ihres Tuns. Wenn schon nicht aus Vernunft, dann halt aus Angst vor dem Gesetzgeber.

  • Wer pyrotechnische Erzeugnisse im Stadion abbrennt, ist zumindest sehr nah dran an einem Schwerverbrechen. Und dieses sollte (abgesehen von strafrechtlichen Folgen für ein fahrlässiges Inkaufnehmen von schwerer Körperverletzung) mit befristeten bundesweitem Stadionverboten belegt werden, auch selbstverständlich für unterklassige Vereine. Dessen Übertretung sollte dann vielleicht auch nicht nur mit dem Hausfriedensverbot geahndet werden.

    Im Gegenzug sollten bei einer Ahndung des og Plakats Widerspruchsrechte mit Schadensersatz bestehen.

    Ich meine dem Rowdytum um den Fußball herum sollte konsequenter mit schon abschreckenden Erststrafen begegnet werden