Kommentar Polizeigewalt in der Ukraine: Die Jungen haben es satt
Ukraines Polizisten foltern und vergewaltigen. Das weiss jeder im Land. Doch jetzt formieren sich Proteste, und die Polizei wird nervös.
D ass die ukrainische Staatsführung eine Demonstration gegen Polizeigewalt im Zentrum der Hauptstadt Kiew gewaltsam auflösen lässt, überrascht nicht. Seit seinem Amtsantritt 2010 hat Staatspräsident Wiktor Janukowitsch – ähnlich wie Wladimir Putin in Russland oder Alexander Lukaschenko in Weißrussland – stets nur eine Antwort, wenn es um Kritik an seiner Regierung geht.
Und die lautet: Alle, die sich gegen Missstände und die Verletzung ihrer Rechte auflehnen und sich für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit einsetzen, werden zur Strecke gebracht. Dass dieses Mal aber gleich eine ganze Eliteeinheit der Polizei ausrückt, um ein kleines Grüppchen abzuräumen zeigt: die Aktivisten mit ihrer Aktion offenbar einen besonderes wunden Punkt erwischt.
Denn der Protest richtet sich nicht nur gegen chronisch unterbezahlte Ordnungshüter, die auf Wachen ungestraft foltern und dabei auch immer öfter ihre Gewaltlust an Frauen auslassen. Er richtet sich damit auch gegen das korrupte zusehends autoritärer agierende Regime als solches.
Und gegen seine Vertreter, die dieses menschenverachtende Treiben dulden, um ihre Privilegien nicht zu gefährden. Doch genau das scheinen die Menschen, die zumindest während der „Orangenen Revolution“ 2004 kurzzeitig ihre eigene Macht auf der Straße gespürt haben, nicht mehr länger hinnehmen zu wollen.
Besonders die jüngere Generation hat es satt, sich von einer ewig gestrigen, den Realitäten entrückten Staatsmacht gängeln zu lassen. Daher sollte Janukowitsch gewarnt sein: Mit prügelnden Polizistenhorden wird dem Problem auf Dauer nicht beizukommen sein. Noch sind es wenige, die wagen aufzubegehren. Doch das könnte schon bald ganz anders aussehen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
Stromversorgung im Krieg
Ukraine will Atomkraft um das Dreifache ausbauen