Kommentar Polizeigewalt in Frankreich: Die Polizei als feindliche Bande
Die Kluft zwischen dem ausgegrenzten Bevölkerungteil und Vertretern des Rechtsstaats in Frankreich wächst. Die Gründe sind Rassismus und Willkür.
E ine Polizeiuniform gibt auch unter dem in Frankreich weiterhin geltenden Ausnahmezustand keine Vollmacht und auch nicht das Recht, rassistische Vorurteile mit dem Gummiknüppel auszudrücken. Das haben Tausende von Demonstranten in Paris ihrer Regierung in Erinnerung gerufen, und das möchten sie auch den Präsidentschaftskandidaten mit auf den Weg geben. Was im Land der ersten Menschenrechtserklärung eigentlich selbstverständlich sein sollte, ist in Wirklichkeit umstritten oder wird bestenfalls als politisches Tabu verdrängt.
Die Jugendlichen aus den Vorstadtsiedlungen haben den dringenden Verdacht, dass sie mit den Polizisten, die in ihren Quartieren als Gesetzeshüter oft eine undankbare Aufgabe erfüllen müssen, vor dem Gesetz nicht auf derselben Stufe stehen: Ein Jugendlicher, der mit ein paar Gramm Cannabis erwischt wird, wird von den Beamten fast systematisch geduzt, beschimpft oder übermäßig hart angefasst. Ein Polizist dagegen, der ohne zwingenden Grund von seiner Waffe Gebrauch macht und dabei jemanden verletzt oder gar tötet, kann auf viel Verständnis bei den braven Bürgern und auch auf eine meist nachsichtige Justiz zählen.
Der Polizist zum Beispiel, der im Jahr 2012 Amine B. mit einem Schuss in den Rücken getötet hatte, ist in letzter Instanz zu fünf Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden, da laut den Richtern keine Notwehr vorlag. Solche Beispiele häufen sich. In das Gefühl der Ungleichheit mischt sich die Angst, wegen Herkunft und Hautfarbe Opfer rassistischer Willkür werden zu können.
Der Graben zwischen dem Rechtsstaat mit seinen Ordnungshütern und einem bereits ausgegrenzten Teil der Bevölkerung wächst. Für manche Vorstadtjugendliche in Frankreichs Banlieues ist die Polizei nicht „Freund und Helfer“, sondern nichts anderes als eine Art feindliche Bande. Das müsste eigentlich ein wichtiges Wahlthema sein.
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