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Kommentar Peter GauweilerLafontaine der Rechten

Kommentar von Tobias Schulze

Die CSU muss jetzt aufpassen, dass Peter Gauweiler nicht komplett mit der Partei bricht und sich rechts davon eine neue Heimat sucht.

Peter Gauweiler ist mit der Griechenland-Politik der CSU nicht zufrieden. Bild: dpa

B itte verstehen Sie diesen Kommentar nicht falsch: Peter Gauweiler hat keine Abschiedsträne verdient. Nicht für seine Profilierungsversuche auf Kosten von Minderheiten, nicht für seine rekordverdächtige Abwesenheitsquote im Bundestag und nicht für seine unkonstruktive Haltung zur Eurokrise. Trotzdem: Der CSU-Mann wird noch fehlen.

Dass der Bundestag früher oder später über ein drittes Griechenland-Hilfspaket abstimmen wird, steht so gut wie fest; dass die Große Koalition dann eine Mehrheit zustande bekommt, auch. Ungemütlich wird die Debatte trotzdem: Die antigriechischen Ressentiments in Teilen der Bevölkerung nehmen schließlich mit jedem neuen Kredit zu.

Von einem wie Gauweiler konnten sich die Frustrierten, Euroskeptiker und Griechenhasser bislang repräsentiert fühlen. Und dafür musste der CSU-Mann nicht mal mit dem Feuer spielen: Mit demagogischen Sprüchen, das muss man ihm lassen, hielt sich Gauweiler zumindest in der Griechenlandfrage weitestgehend zurück.

Trotzdem band er Teile des rechten Rands an die Partei, und genau dafür hatte Seehofer ihn vor zwei Jahren in den Vorstand geholt. An dieser Konstellation hätte der CSU-Chef auch festhalten können.

Gefährlich wurde Gauweiler weder ihm noch der Kanzlerin, eine kritische Menge an Unionsabgeordneten konnte er schließlich nie gegen die Krisenpolitik aufwiegeln. Dafür verhinderte sein beharrlicher Trotz wohl, dass noch mehr Unionswähler zur AfD abwandern.

Gauweilers Abgang könnte die Rechtspopulisten jetzt weiter befeuern. Die CSU dagegen kann nur noch Schadensbegrenzung betreiben. Mit ausreichend warmen Worten muss sie verhindern, dass ihr ehemaliger Vize komplett mit der Partei bricht, sich eine neue Heimat sucht und damit zum Lafontaine der Rechten wird.

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5 Kommentare

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  • Gauweiler ist einer der wenigen Rechten, vor denen ich eine gewisse Achtung habe. Er positionierte sich klar gegen den Irakkrieg, kritisiert Auslandseinsätze der Bundeswehr und die Rolle der NATO als Angriffsbündnis scharf (auch wenn er darin eine "Umwandlung" sieht), stimmte gegen die Vorratsdatenspeicherung und die Privatisierung der Wasserversorgung. Das ändert nichts daran, dass er ein Rechter ist, der durchaus auch unschöne Positionen vertritt - aber zumindest war er stets aufrichtig und in den oben genannten Positionen wohl linker als so manches Mitglied der gleichnamigen Partei ...

  • Entschuldigung, es sei der Autor Tobias Schulze angesprochen.

  • Gauweiler gegen "Euro-Stalingrade" weiter nötig?

    Versteht man sich wie ich als antitotalitär dann löst, sehr geehrter Herr Lorenz, ihre Scheidung in rechte und linke Böcke keine Schwellenangst vor dem Weiterlesen aus, sondern ich hing an Ihrem “Lasso”.

    Nicht übereinstimme ich mit Ihrer Politikberatung, man hätte Gauweiler mehr Zucker geben müssen, um die Rechten bei der gelenkten CDU/CSU Wählerstange zu halten. Das lebt von der sachlichen Unterstellung, das das

    bundesrepublikanisch/postddr-deutsche Projekt “Euro” tatsächlich alternativlos ist und nicht zum neuen “Stalingrad” einer ganzen europäischen Generation werden könnte. Der dialektische “Witz”, der immer mehr zum Kalauer mutiert: der Euro sei genau das Gegengift gegen neue Stalingrade (Währungs- und Wirtschaftsverheerungen hier subsumiert). Genau das ist aber der blinde - deutsche - Fleck, der u.a. durch Gauweilers Aktivitäten zumindest nicht hinter einer totalen Mondfinsternis der Erkenntnis verschwindet.

     

    Die Öffentlichkeit benötigt in Sachen “Euro” mehr Personen wie Gauweiler und Lafontaine, die nicht totalitär sind (wenn ich auch für beide nicht die Hand ins Feuer legen würde, zumindest nicht für Lafontaine). Ansonsten kommt Angela Merkel erst zu Ostern im nächsten Jahr oder anderen längeren Schließtagen der Banken - und “wir” Milliarden ärmer - mit der Erkenntnis nieder, der Euro schafft doch Unfrieden und gehört abgeschafft/relativiert. Gegen blinde Flecke, Züge auf falschen Gleisen und Zugverspätungen seien Gauweiler und Lafontaine - dialektisch - vor und werden gebraucht.

  • Gauweiler hat nicht nur gegen den Euro gestimmt sondern z.B. auch gegen Auslandseinsätze der Bundeswehr, dass hätte ich eigentlich von anderen erwartet. Aber die haben nicht nur den Nato-Austritt vergessen, sie möchten nie wieder Krieg ohne Bundeswehrbeteiligung. Da ist das Links-Rechts-Gefüge schon sehr verschoben.

    Trotzdem wird Gauweiler sich kaum einer anderen Partei anschließen. Wollte er das, hätte er sein Bundestagsmandat sicher behalten. Er wird künftig eine Art Sarrazin der CSU geben und alte Seilschaften zum eigenen Vorteil weiter nutzen.

  • Gauweiler hat diesen Staat und seine Bürger verarscht wie kein zweiter Abgeordneter. Mit viel heißer Luft und reichlich braunem Dunst ist es ihm immer wieder gelungen die Wähler von seiner Raffgier abzulenken. Man kann ihn jetzt schon den "König der Nebeneinkünfte" nennen. (2014 mind. 967.500 Euro - nach vorsichtigen Berechnungen).