Kommentar Pegida-Auftritt in Prag: Der Präsident als Brandstifter
In Tschechien hat Miloš Zeman schon längst die Rhetorik der Islamhasser übernommen. So macht er auch Pegida salonfähig.
S eit Jahren schon, das ist auch recht gut dokumentiert, gibt es einen regen Austausch und ein eng verknüpftes Netzwerk zwischen deutschen und tschechischen Neonazis. Jetzt, so scheint es, finden auch die „besorgten Bürger“ beider Länder zusammen: Pegida und der tschechische Block gegen den Islam hofieren einander seit Monaten und feierten sich am Samstag gegenseitig in Prag und Dresden.
Kein Wunder, dass es den Pegida-FührerInnen in Prag gefällt. Während Pegida und ihre Claqueure in den deutschen Korridoren der Macht auf mehr als einer Armlänge Abstand gehalten werden, stehen ihren tschechischen Brüdern im Geiste die Tore weit offen: Staatspräsident Miloš Zeman hat schon längst die Rhetorik der Islamhasser übernommen, wenn er in seinen Reden von aggressiven männlichen Muslimen fabuliert, die massenweise in Europa einfallen.
In Tschechien hat Zeman nicht nur den Block gegen den Islam, sondern auch Pegida salonfähig gemacht, als er sich im vergangenen November mit den tschechischen Islamhassern auf ein Podium stellte und sich von den deutschen im exklusiv geladenen Publikum beklatschen ließ.
Ja, die Flüchtlingskrise hat im homogenen Tschechien viele Ängste hervorgerufen. Flüchtlinge gibt es im Land zwar so gut wie keine. Die gesellschaftliche Diskussion aber beherrschen sie seit Monaten.
Und Präsident Zeman macht sich freudig zum Schutzheiligen derer, die diese oft absurden Ängste weiter schüren. Und zum geistigen Brandstifter: Anfang Februar wurde ein tscherkessischer Muslim, der seit 14 Jahren in Prag lebt, mit einem Messer niedergestochen. Die Pegida-Demo vom Samstag endete in einem Brandanschlag auf ein alternatives Zentrum für Flüchtlingshilfe.
Die Flüchtlingsdiskussion hat in Tschechien vor allem eines gezeigt: Der Präsident ist nicht daran interessiert, die Gesellschaft zu einen. Bleibt die Frage, in wessen Interesse er eigentlich handelt.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Alleingang des Finanzministers
Lindner will Bürgergeld kürzen
Putins Brics-Gipfel in Kasan
Club der falschen Freunde
Deutsche Asylpolitik
Die Hölle der anderen
Kritik an Initiative Finanzielle Bildung
Ministeriumsattacke auf Attac
Linke in Berlin
Parteiaustritte nach Antisemitismus-Streit
Investitionsbonus für Unternehmen
Das habecksche Gießkannenprinzip