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Kommentar Ökostrom-ReformEine unehrliche Debatte

Bernward Janzing
Kommentar von Bernward Janzing

Die Bundesregierung folgt in Sachen erneuerbare Energien einer verqueren Logik: einerseits fördern, andererseits bremsen.

Der Ausbau von Erneuerbaren geht vielen in der Regierung zu schnell Foto: dpa

D ie Logik ist schon bemerkenswert: Die erneuerbaren Energien sollen „an den Markt herangeführt“ werden – dieser Satz ist zum Mantra der Bundesregierung geworden. Gleichzeitig sollen aber gesetzlich definierte Ausbaukontigente festgelegt werden, eine Art Fünfjahresplan der energiepolitischen Zentralverwaltungswirtschaft. Was, bitte, ist daran Markt?

Die verquere Argumentation ist Ausdruck politischer Unehrlichkeit. Denn die Floskel vom einzuführenden Markt soll nur kaschieren, dass es in Berlin in Wahrheit ums Bremsen geht. Der Ausbau der Erneuerbaren geht vielen in der Regierung zu schnell, weil die Kohlebranche unter den Wind- und Solarstrommengen leidet. Nur will das in Zeiten nach dem Pariser Klimagipfel, wo sich die Welt als einig Klimaschützer feierte, niemand so sagen. Markt klingt besser.

Wie sehr die Regierung diesen Markt der Erneuerbaren aber wirklich will, zeigt sich dort, wo Strom aus erneuerbaren Energien ohne Förderung, ohne Einspeisevergütungen bereits wirtschaftlich ist: bei der Photovoltaik auf dem eigenen Dach. Wer seinen Strom großteils selbst verbraucht, ist heute nicht mehr auf das EEG angewiesen. Doch statt nun den Markt hochzuhalten, sich zu freuen, dass es der Solarstrom zumindest in Nischen geschafft hat, wirtschaftlich zu werden, dachte die Regierung sich Schikanen aus: Umlage für Eigenverbrauch, womöglich bald sogar Stromsteuer.

So prägt Unehrlichkeit die Debatte. Auch beim Thema Netze: Man müsse die Erneuerbaren kontingentieren, weil die Netze, deren Ausbau nicht Schritt hält, den Strom nicht mehr aufnehmen können. Physikalisch im Grundsatz korrekt. Im Sinne der Energiewende zielführender wäre es aber, endlich Platz in den Leitungen zu machen, indem man im kritischen Netzgebiet nördlich der Mainlinie Kohlekraftwerke raus nimmt.

Aber dann müsste man sich ja mit den Großen anlegen. Lieber ersinnt man Ausschreibungsmodelle für Erneuerbare, bei denen am Ende jene Projekte auf der Strecke bleiben, die einst der Start der Energiewende waren: Bürgeranlagen. Und feiert sich dafür als Freund des Marktes.

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Bernward Janzing
Fachjournalist mit Schwerpunkt Energie und Umwelt seit 30 Jahren. Naturwissenschaftler - daher ein Freund sachlicher Analysen.
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8 Kommentare

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  • Ein Kontingent für garantierte Vergütung von Produkten, egal ob sie genutzt werden können, ist natürlich noch kein Markt; aber besser als garantierte Vergütung für unbegrenzte Produktion von Strom-Müll. Natürlich kann jeder soviel Windstrom am Markt anbieten wie er will. Nur wird niemand einen kostendeckenden Preis bieten, für Strom der nur zufällig geliefert werden kann, und zwar meist nur, wenn eh' schon Strom im Überfluss vorhanden ist.

  • Solange Parteispenden legal sind, solange werden Lobbyisten sich Einfluss erkaufen - auch das ist ein sogenanntes Marktgesetz...

     

    Lösung: Parteispenden verbieten, statt dessen steuerfinanzierte Parteien, und einmal im Jahr ein Plebiszit bei dem den Bürgern alle verabschiedeten Gesetzte zur Zustimmung vorgelegt werden.

    • @Grisch:

      Die größte Spende zum Landtagswahlkampf BaWü bekamen die Grünen von einer "grünen" Kapitalanlagegesellschaft.

      • @alfonearth:

        Das nennt man "Transparenz". Andere Spender spenden mehrmals 9999,99 Euro - und keiner muss davon etwas erfahren...

         

        Ein Glück, dass es inzwischen wirschaftlich potente Akteure gibt, die den Nachteil der Bürger-Partei gegenüber der Großindustrie und Ihren CDU/SPD - Vertretungen ausgleicht.

  • Man ist einfach nur geplättet von soviel Hohn gegenüber dem Klimaschutz und handfesten Argumenten. http://www.energie-experten.org/experte/meldung-anzeigen/news/eeg-reform-offenbart-desolate-energie-und-klimapolitik-4610.html fasst das ganz gut zusammen.

  • Völlig normal, dass die SPD und ihr wendiger Vorsitzender wieder den größten Teil der Prügel abbekommt - von der Union erwartet in diesem Themenkomplex a priori niemand so etwas wie zielführende Vernunft.

     

    Erschreckend ist, dass sich auch bei diesem Anlass wieder zeigt, dass das Land schon längst nicht mehr von den gewählten Politikern regiert wird, sondern von der übermächtigen Lobby. Wobei hier nicht nur die Kohleproduzenten und -nutzer (sowie die in diesem Bereich tangierten Gewerkschaften) zu nennen sind: Auch die dank Fipsi Rösler sehr große Schar der von der EEG-Umlage befreiten Industriebetriebe hat natürlich Interesse daran, den Börsenpreis für Strom möglichst niedrig zu halten, denn anders als die Umlagezahler, also die Haushalte, profitieren sie davon gewaltig.

  • "Ausdruck politischer Unehrlichkeit" - Das trifft es genau. Und zu Kohlekraftwerken noch das Verquerteste, was mit Sicherheit nicht nur mir mächtig "stinkt": Welches dieser Umweltverpestenden Kohlemonster kann eigentlich bei dringendem Bedarf in Notfällen so schnell hochgefahren werden, dass es diesem auch gerecht wird und innerhalb kürzester Zeit zur Verfügung steht? Gabriel wirft den Betreibern einfach unsere Steuergelder hinterher, um zusätzlich zur offensichtlich (natürlich unter der Hand) geplanten Atomkraft-Kehrt-Kehrt-Kehrt-Wende eine zusätzliche Sicherheit vorrätig zu halten, anstatt eine geradlinige und ehrliche Linie

    F Ü R

    die Bürger und Wähler zu verfolgen.

     

    Und wundert sich, wenn er mitsamt seiner SPD so galoppierenden Wählerschwund registriert. Ganz einfach: So blöd sind die Wähler schon lange nicht mehr, auch dank aufmerksamer Medien.

  • 5G
    571 (Profil gelöscht)

    "Die verquere Argumentation ist Ausdruck politischer Unehrlichkeit."

     

    Passt doch haarscharf zu unserem Wirtschafts- und Energieminister.

    Sein verstorbener Genosse und EEG-Vater Hermann Scheer dürfte sich da nicht nur einmal im Grabe herumdrehen.