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Kommentar Öffentlicher DienstStreiken für das Gemeinwohl

Eva Völpel
Kommentar von Eva Völpel

Wer einen vernünftigen öffentlichen Dienst will, muss die Forderungen nach Lohnerhöhung unterstützen. Vorauseilende Bescheidenheit ist keine Lösung.

Warnstreik: Hier am Vivantes-Krankenhaus in Berlin. Bild: reuters

K itas geschlossen, Busse und Bahnen lahmgelegt – die Bürger werden in dieser Woche mit Warnstreiks daran erinnert, dass in diesem Land viele Selbstverständlichkeiten nur funktionieren, weil es einen öffentlichen Dienst gibt. Der soll ordentlich bezahlt werden, fordern Beschäftigte und Gewerkschaften.

Die Arbeitgeber von Bund und Kommunen halten dagegen: etliche Gemeinden seien verschuldet und mehr Lohn für städtische Müllwerker oder Busfahrer befördere den Trend zur Privatisierung.

An diesen Argumenten ist etwas dran. Die Frage ist aber: was folgt daraus? Sollen sich Beschäftigte in vorauseilender Bescheidenheit üben, weil die Aufgaben der Kommunen zwar stetig wachsen, viele aber steuerpolitisch gefördert in den letzten Jahren finanziell ausbluten?

Von den Menschen, die im öffentlichen Dienst arbeiten, kann man solch eine Haltung kaum erwarten. Sie wäre aber auch allgemein betrachtet fatal, würde sie doch bedeuten, sich ohne Not politischer Gestaltungsspielräume zu berauben.

Die Warnstreiks

Kräftemessen vor der zweiten Tarifrunde: Die Gewerkschaften haben am Montag Angestellte des öffentlichen Dienstes zu Warnstreiks aufgerufen. Vor allem in Niedersachsen, Baden-Württemberg, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Berlin blieben Kitas und öffentliche Verwaltungen geschlossen, auch Krankenhäuser wurden bestreikt. Für Dienstag sind Aktionen in den großen Bundesländern Nordrhein-Westfalen und Bayern geplant. In Hessen gibt es dann zunächst Ausstände in Kassel, am Mittwoch auch landesweit. (dpa)

Fakt ist: die Nachrichten darüber, dass es im Dienst am Gemeinwesen knirscht, weil es an Geld und Personal fehlt, und dass Beschäftigte überarbeitet sind, werden in den nächsten Jahren zunehmen. Die Schuldenbremse, die dräut, wird diese Zustände noch verschärfen.

Wenn diese Gesellschaft aber einen öffentlichen Dienst will, der diesen Namen verdient, wenn sie ihre Kinder in Kitas gut versorgt und ihre Kranken gut gepflegt wissen will, dann geht es darum, mit den Beschäftigten das Recht auf anständige Löhne und genug Personal zu verteidigen.

Angemessene Lohnforderungen sind ein Teil davon, diesen Streit zu führen. Jede andere Logik bürdet den Angestellten die Last auf, für eine verfehlte Steuer- und Finanzpolitik den Kopf hinzuhalten. Die Zeche dafür zahlen dann auch die Bürger.

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Eva Völpel
Inlandsredakteurin
Jahrgang 1976. Ist seit 2009 bei der taz und schreibt über Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik sowie die Gewerkschaften
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1 Kommentar

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  • 2G
    2097 (Profil gelöscht)

    Warum machen wir keine Vermögensabgabe pro Dekade auf das Vermögen der obersten 10 Prozent? 10 Prozent verfügen doch über 90% des Vermögens in Deutschland. Wo ist also das Problem in einer Demokratie? 10 Prozent stellen nicht die Mehrheit? Und wenn wir 10% auf die 90% umverteilen, haben die 10% immer noch 80% des Vermögens. Hartz 4 können sie dann definitiv noch nicht beantragen.