Kommentar OB-Wahl in Tübingen: Ein großes Gewese
Boris Palmer ist offensiv, laut und medial überaus präsent. Das heißt nicht unbedingt, dass die grüne Bundespolitik nun mit ihm rechnen muss.
S agt Ihnen Michael Korwisi etwas? Nein? Wie ist es mit Wolfgang Pieper, Dieter Salomon und Elke Mundhenk? Nicht wirklich. Aber Boris Palmer sagt Ihnen etwas, richtig? Dabei haben Palmer und all die anderen „Unbekannten“ gleich mehrere Dinge gemeinsam: Sie sind Grüne und sie sind (Ober)Bürgermeister einer kleineren oder größeren Stadt.
Vom hessischen Homburg von der Höhe, von Telgte in Nordrhein-Westfalen, von Freiburg im Breisgau und von Dannenberg im niedersächsischen Wendland. Der Unterschied zwischen Palmer, der im baden-württembergischen Tübingen gerade wieder zum Oberbürgermeister gewählt wurde, und seinen AmtskollegInnen ist die Attitüde. Palmer ist offensiv, laut, medial überaus präsent. Palmer präsentiert sich als Heiland, und er hat als Politiker noch viel vor. Manche sehen ihn bereits als Winfried Kretschmanns Nachfolger als grüner Ministerpräsident von Baden-Württemberg.
Doch die anderen, die, die niemand außerhalb der eigenen Orte kennt, machen ihren Job ebenso gut. Aber sie machen kein Gewese darum, sie machen das, was das Amt ihnen abverlangt. Sie kümmern sich um Kitas, Gesundheitszentren, den Mittelstand. Um Bauern, den Haushalt und den Wohnungsbau. Bei den Leuten vor Ort kommt das gut an. Deswegen werden manche Stadtoberhäupter gern wiedergewählt.
Tübingen hat knapp 85.000 Einwohner und 23 Stadtteile. Trotzdem ist Tübingen nicht der Nabel der Welt, nicht einmal der Nabel der Grünen. Dass Palmer dort noch einmal Rathauschef ist, heißt nicht, dass die grüne Bundespolitik jetzt mit ihm rechnen muss. Es ist allenfalls prima für Palmers Vita.
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In einer ersten Version des Textes wurde versehentlich Uwe Erner, Bürgermeister von Herdorf, erwähnt. Erner wird jedoch nicht mehr von den Grünen unterstützt. Wir bitten dies zu entschuldigen.
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