Kommentar Nordkorea-Konflikt: Die Bundesregierung ist gefragt
Eine Vermittlerrolle der Bundesrepublik wäre plausibel: Die Deutschen verfügen über Kontakte in Pjöngjang, die andere westliche Staaten nicht mehr haben.
W as hat die Bundesrepublik Deutschland mit Nordkorea zu tun? Auf den ersten Blick nicht viel. Bei dem Streit über das nordkoreanische Atomwaffen- und Raketenprogramm handelt es sich in erster Linie um einen transpazifischen Konflikt.
Das Regime in Pjöngjang weiß mehr oder weniger seine großen Nachbarn China und Russland auf seiner Seite. Ihnen gegenüber stehen die USA als Schutzmacht von Südkorea und Japan. Die Deutschen haben bislang nur eine Zuschauerrolle eingenommen. Nordkorea ist für die Deutschen sehr fern. Und Wirtschaftsbeziehungen zu dem stalinistischen Arbeiterstaat werden auch keine gepflegt.
Trotzdem hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vergangene Woche in einem Interview angeboten, dass die Bundesregierung in dem Konflikt vermitteln könnte. Und auch Außenminister Gabriel (SPD) hat am Sonntag bei seiner Stippvisite in Peking seinem chinesischen Amtskollegen dieses Angebot unterbreitet. Tatsächlich ist eine deutsche Vermittlerrolle in dieser Krise keineswegs abwegig.
Als eines der wenigen westlichen Länder hat Deutschland bis heute eine Botschaft in Nordkorea, ein Relikt aus DDR-Zeiten. Bis vor Kurzem hat der Deutsche Bundestag regelmäßig Parlamentarier nach Nordkorea geschickt. Die Deutschen verfügen also über Kontakte in Pjöngjang, die andere westliche Staaten nicht mehr haben. Das ist zwar nicht viel, könnte aber ein erster Ansatz für einen diplomatischen Weg sein.
Das Regime in Pjöngjang wiederum könnte die Deutschen tatsächlich als ehrliche Mittler empfinden, eben weil die Bundesrepublik in der Region keine eigenen Interessen verfolgt. Das ist daher eine Option, die auch in UN-Kreisen Nationen in New York inzwischen erwogen wird.
Erst mal stehen in Deutschland Wahlen an. Aber schon die neu zusammengesetzte Bundesregierung könnte sich weltpolitisch rasch profilieren: mit Nordkorea.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Magdeburg nach dem Anschlag
Atempause und stilles Gedenken
Bankkarten für Geflüchtete
Bezahlkarte – rassistisch oder smart?
Nordkoreas Soldaten in Russland
Kim Jong Un liefert Kanonenfutter
Tarifeinigung bei Volkswagen
IG Metall erlebt ihr blaues „Weihnachtswunder“ bei VW