piwik no script img

Kommentar Nord- und SüdkoreaZeit für einen Burger mit Kim

Fabian Kretschmer
Kommentar von Fabian Kretschmer

Pjöngjangs Gesprächsbereitschaft richtet sich nicht nur an Seoul. Der Vorstoß bringt auch die US-Regierung in eine knifflige Situation.

Kim Jong Un Foto: ap

D as nordkoreanische Regime hat erneut eindrücklich unter Beweis gestellt, dass es sein diplomatisches Handwerk brillant beherrscht: Erstmals – und das ist gar nicht deutlich genug hervorzuheben – hat es sich öffentlich dafür ausgesprochen, über sein Atomprogramm zu verhandeln.

Damit präsentiert sich Kim Jong Un als vermeintlich verantwortungsvolles Staatsoberhaupt auf dem internationalen Parkett. Zudem bringt sein Vorstoß nicht zuletzt die Amerikaner in eine knifflige Situation: Sollte US-Präsident Donald Trump nämlich nicht auf die Gesprächsbereitschaft eingehen, wie es zweifelsohne einige seiner republikanischen Berater fordern werden, würde dies unweigerlich für Unmut in Seoul sorgen. Ein Zwist innerhalb der jahrzehntealten USA-Südkorea-Allianz wäre die Folge – und die Parteikader in Pjöngjang hätten allen Grund, die Sektkorken knallen zu lassen.

Washington wäre jedoch gut beraten, Nordkoreas Avancen ernst zu nehmen. Nicht nur, weil solch diplomatische Chancen mit Nordkorea überaus rar gesät sind. Sondern vor allem auch wegen des günstigen Zeitpunkts: Donald Trump kann – möglicherweise zu Recht – vor seinen Wählern das Einlenken Nordkoreas als Erfolg seiner eisernen Sanktionspolitik verbuchen.

Vieles deutet tatsächlich darauf hin, dass man in Pjöngjang eingesehen hat, dass ein stures Festhalten am Provokationskurs die Sicherheit des Regimes bedrohen würde – vor allem durch die massiven Wirtschaftssank­tio­nen, die früher oder später die Bevölkerung gegen die Elite aufbringen könnten. Zudem scheint Washington glaubhaft vermittelt zu haben, dass es im Notfall tatsächlich nicht vor einem Präventivschlag zurückschrecken würde – auch wenn dies die südkoreanische Bevölkerung als politische Geisel gefährdet.

Und wer, wenn nicht Donald Trump, wäre der richtige US-Präsident, um sich medienwirksam mit Kim Jong Un „auf einen Burger“ zu treffen, wie es der Eximmobilienhai während seines Wahlkampfs formuliert hatte? Ohne Frage würde dieser Egoboost von historischer Dimension den narzisstisch veranlagten Trump ganz besonders reizen.

Zunächst aber steht das dritte innerkoreanische Gipfeltreffen Ende April an. Auch dieses wird historische Symbolkraft in sich tragen, wenn Kim Jong Un zum ersten Mal seit seiner Machtübernahme 2011 auf ein amtierendes Staatsoberhaupt trifft – ausgerechnet im Friedensdorf Panmunjom entlang der Waffenstillstandslinie, die die beiden Koreas seit Kriegsende 1953 trennt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Fabian Kretschmer
Korrespondent in Südkorea
Seit 2024 Korrespondent für die koreanische Halbinsel und China mit Sitz in Seoul. Berichtete zuvor fünf Jahre lang von Peking aus. Seit 2014 als freier Journalist in Ostasien tätig. 2015 folgte die erste Buchveröffentlichung "So etwas wie Glück" (erschienen im Rowohlt Verlag), das die Fluchtgeschichte der Nordkoreanerin Choi Yeong Ok nacherzählt. Betreibt nebenbei den Podcast "Beijing Briefing". Geboren in Berlin, Studium in Wien, Shanghai und Seoul.
Mehr zum Thema

7 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Schauen wir mal in die Geschichte

    Da war man schon weiter. Bei der Sonnenscheinpolitik unter Kim Dae Jung und Kim Jung Il gab es schon Zusammenarbeit zwischen NK und SK und ein Moratorium des NK Atomprogrammes.

    Unter G.W. Bush wurden dann US-Zusagen (Sicherheitsgarantien, Warenlieferungen) nicht eingehalten. Stattdessen wurde NK einer imaginären "Achses des Bösen" zugeordnet. Es wurden gegen die derartig gebrandmarkten vom Zaun gebrochen.

     

    Daraufhin wurde zur Sicherheit und Abschreckung das Nuklearprogramm wieder forciert aufgenommen.

     

    Um die Bemühungen nicht schon wieder zu zertrampeln sollten zuerst mal die SK-US Manöver ausgesetzt werden. Das kratzt beide Länder nicht, wenn sie mal ein halbes oder ganzes Jahr auf Großübungen verzichten müssen.

    Man sollte die angebote ernst nehmen, und sie nicht einfach als diplomatische Spielchen abtun. Eine solche Voreinschätzung verhindert nämlich jede ernsthafte Verhandlung.

    • @Martin_25:

      Was wollen Sie? Die Manöver sind doch z.Z. ausgesetzt.

  • Satire, oder im Ernst? Falls der Artikel wahrhaftig ist, teile ich die Hoffnung.

  • T. hat mehrfach betont, dass die Staaten ihre Probleme möglichst untereinander lösen sollen, ohne die USA zu bemühen.

     

    Er sollte seine Worte ernst nehmen und sich so weit wie möglich raushalten...

  • "Donald Trump kann – möglicherweise zu Recht – vor seinen Wählern das Einlenken Nordkoreas als Erfolg seiner eisernen Sanktionspolitik verbuchen."

     

    Lese ich hier etwa soetwas wie ein vorsichtiges Lob für einen Teil von Trumps Politik heraus? In der Taz!

     

    Was ist passiert? Ist die Hölle zugefroren? :-)

     

    Aber zum Thema:

    "Ein Zwist innerhalb der jahrzehntealten USA-Südkorea-Allianz wäre die Folge – und die Parteikader in Pjöngjang hätten allen Grund, die Sektkorken knallen zu lassen."

     

    Diese Gefahr besteht tatsächlich; wäre für Nordkorea aber nur willkommener "Beifang". China ist der wichtigste Handelspartner der Nordkoreaner. Und China arbeitet bei den Sanktionen mit den USA zusammen.Daher glaube ich eher NK geht es darum einen Keil zwischen China und den USA zu treiben, deren Verhältnis ohnehin belastet ist.

     

    Stark vereinfachte Darstellung:

    China:"NK will über die Atomwaffen verhandeln, also die Sanktionen lockern."

    USA:"Die Sanktionen werden erst gelockert wenn NK auf Atomwaffen verzichtet."

     

    Oder Nordkorea gibt tatsächlich bei und ist bereit auf atomare Bewaffnung zu verzichten. Wunder soll's ja geben...