Kommentar Neuer Terror in Paris: Sicherheitsextremisten unter sich

Wie werden sich die Angst-, Hass- und Rachegefühle an der Wahlurne auswirken? Für Marine Le Pen ist der neue Terror von Paris ein Segen.

Ein Spurensicherer bei der Arbeit

Spurensicherung am Tatort Foto: dpa

„Wenn jetzt nur kein Attentat passiert!“ Wie oft hatte man in Gesprächen in den letzten Wochen und Tagen vor der französischen Präsidentschaftswahl diesen Satz gehört?

In dieser Bemerkung klang die Befürchtung mit, dass der Terrorismus, der weitgehend aus der Wahldebatte ausgeklammert wurde, plötzlich ins Zentrum rückt. Was die Schießerei auf der Avenue des Champs-Élysées am Donnerstag für Folgen haben wird, kann man nur ahnen. Das Ziel des Angriffs war zweifellos, in Frankreich Chaos zu schaffen. Zuvor hatten zwei in Marseille verhaftete mutmaßliche Dschihadisten angeblich geplant, ein Attentat zu verüben.

Was sich jetzt schon sagen lässt: der Einbruch der Irrationalität der Angst-, Hass- und Rachegefühle in die Kampagne wird einer wohlüberlegten Entscheidung an der Wahlurne kaum förderlich sein. Rund ein Drittel der Stimmberechtigten wussten bislang noch nicht, wen sie wählen sollten. Wird der „Islamische Staat“ mit der Aggression ihre Entscheidung bestimmen?

Jetzt schlägt die Stunde der Sicherheitsextremisten, die sich mit imponierenden Vorschlägen überbieten wollen. Alle werden wiederholen, dass sich Frankreich nicht einschüchtern lasse. Doch wer von den Kandidaten ist so couragiert, in einer solchen Situation kaltblütig genug zu bleiben, nicht am sicherheitspolitischen Wettlauf teilzunehmen oder diesen gar auf die rassistische und fremdenfeindliche Schiene zu schieben?

Für die Kandidatin des Front National, Marine Le Pen, ist diese Wende in der Debatte geradezu ein Segen. Sie wird keine Sekunde zögern, um den Tod des Polizisten als Beweis für dringende Notwendigkeit ihrer Law-and-Order-Politik darzustellen und zu versprechen, mit ihr als Präsidentin würden alle Terrorverdächtigen entweder ausgewiesen oder interniert.

Dass es sich beim Täter einmal mehr um einen französischen Staatsbürger und nicht um einen der von ihr verteufelten Immigranten handelt, ist wohl nur ein Detail für sie.

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Frankreich-Korrespondent der taz seit 2009, schreibt aus Paris über Politik, Wirtschaft, Umweltfragen und Gesellschaft. Gelegentlich auch für „Die Presse“ (Wien) und die „Neue Zürcher Zeitung“.

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