Kommentar Netzrückkauf: Drei gute Gründe für den richtigen Weg
Ökologie, Ökonomie und demokratische Hygiene: Hamburgs Versorgungsnetze zu rekommunalisieren ist in vielerlei Hinsicht richtig.
N ein, ein Schnäppchen ist das nicht. Aber es ist in dreierlei Hinsicht richtig, die Hamburger Versorgungsnetze zu rekommunalisieren: wegen der demokratischen Hygiene, aus ökonomischen Gründen und aus ökologischen. Das sollten Argumente genug sein.
Erstens setzt der SPD-Senat ohne zu murren eine Entscheidung des Volkes um, die er für falsch hielt. Schon das hebt sich wohltuend ab von einem CDU-Senat, der vor genau zehn Jahren den Volksentscheid ignorierte, den Landesbetrieb Krankenhäuser nicht zu privatisieren. Heute wird das Votum des Souveräns befolgt. Und dabei kam nicht einmal der Verdacht auf, die Verhandlungen mit dem Energiekonzern Vattenfall könnten absichtlich an die Wand gefahren werden – um zu demonstrieren, dass Bürger und die Initiative „Unser Netz“ Traumtänzer seien.
Zweitens gibt es gute Gründe für die Annahme, dass der Betrieb der Netze für die Stadt kein Zuschussgeschäft sein wird. Dass eine Dividende winkt, räumt inzwischen selbst der Bürgermeister ein. Das ist schon mal deutlich mehr als bei Hapag-Lloyd. Ob die Stadt von den dort versenkten 1,15 Milliarden Euro jemals auch nur einen Cent wiedersieht, ist derzeit vollkommen offen. Da sind die Netze das eindeutig weniger riskante Geschäft.
Und zum Dritten lassen sich nun auch die umwelt- und klimapolitischen Zielsetzungen besser definieren und umsetzen. Dazu ist ein unbedingter ökologischer Wille dieses Senats erforderlich, den dieser bislang allerdings vermissen ließ. Die Energiewende aber lässt sich mit intelligenten Netzen, die klare Lösungen für Energiesparen, Energieeffizienz und Energiespeicherung beinhalten, rascher und besser gestalten als unter den Verwertungsprämissen eines europäischen Großkonzerns. Sicher braucht gerade dieser industriepolitisch rückständig denkende Senat dabei mächtig Nachhilfe, aber das wird in öffentlicher Debatte schon zu bewerkstelligen sein.
Die jetzt tatsächlich beginnende Rekommunalisierung der Netze ist der richtige Weg. Nach der Pressekonferenz im Rathaus schüttelten sie sich freundlich die Hände: Bürgermeister Olaf Scholz und Manfred Braasch, Sprecher der Netz-Initiative und Feindbild aller Kohlekraft- und Elbvertiefungsfreunde. Vielleicht kein historischer Handschlag, aber ein wichtiger.
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