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Kommentar Netanjahus UN-RedeOhne eine Prise Diplomatie

Kommentar von Susanne Knaul

Israels Premier Benjamin Netanjahu bleibt gegenüber dem Iran hart. Dabei wäre jede Einigung im Atomstreit besser als der jetzige Status quo.

Netanjahu ganz ohne Gimmicks – deshalb schaut auch kaum jemand hin Bild: ap

D er Auftritt von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu vor den Vereinten Nationen verlief genau so, wie es alle erwarteten. Kompromisslos kündigte der Israeli den militärischen Alleingang an, sollte es nicht anders gelingen, Teheran vom Projekt Atomstaat abzubringen. Netanjahu fordert das Ende der Urananreicherung, die Schließung der Atomanlage bei Qom und der Zentrifugen in Natanz sowie das Entfernen des bereits angereicherten Kernmaterials. Alles oder nichts stellt er zur Debatte. So wird es kaum funktionieren.

Netanjahus Skepsis, ob Verhandlungen mit dem iranischen Präsidenten Hassan Rohani zum gewünschten Erfolg führen, ist verständlich. Wer weiß besser als er selbst, wie man Verhandlungen führt, um Zeit zu gewinnen für das eigene Projekt, das dem erklärten Verhandlungsziel geradewegs entgegensteht. Seit Jahrzehnten verhandelt Israel mit den Palästinensern über zwei Staaten, während parallel neue Siedlungen auf palästinensischem Land entstehen. Die Iraner müssen das Prinzip der Hinhaltetaktik nicht erst erfinden.

So sehr Skepsis angebracht ist, so wäre doch jede Einigung besser als der Status quo, der auf kurz oder lang alternativ zum Atomstaat oder zum Präventivschlag, im Zweifelsfall sogar zu beidem führen würde.

Nur zu gern würde man Rohani vertrauen, dass er meint, was er sagt, und dass er die Macht hat umzusetzen, was er der Welt verspricht. Auch Netanjahu würde sich wünschen, dem Iraner zu glauben. Aber er tut es nicht.

Als letztem Redner und diesmal ohne Gimmick, wie sein Bombencartoon im letzten Jahr, schenkte ihm in New York kaum jemand Aufmerksamkeit. Sehr viel Freude wird Netanjahu nicht gehabt haben, als er vor fast leeren Reihen Dinge sagte, die die Welt nicht hören will, während sein Gegner als Star der Veranstaltung die Bühne verließ. Rohani als Lügner und Wolf im Schafspelz zu schimpfen, ließ den Israeli dabei nur noch bedauernswerter rüberkommen. Eine Prise Diplomatie hätte ihm nicht geschadet.

Eine konzertierte Aktion ist nötig

Israel werde nicht zulassen, dass Teheran in den Besitz von Atomwaffen kommt und im Zweifelsfall auch allein handeln, sagt Netanjahu. Warum allein? Zugegeben mag das Anliegen in Tel Aviv dringender sein als in London oder Paris, denn die Handlanger Teherans stehen hier unmittelbar vor der Tür, sei es in Form der Hisbollah im Libanon und der Hamas. Eine Atommacht als Rückendeckung würde die Position der Islamisten im Kampf gegen Israel unangenehm stärken.

All das ändert indes nichts daran, dass auch Europa den Atomstaat Iran nicht will und Saudi-Arabien ebensowenig. Niemand soll sagen, er schlafe nicht ruhiger, solange er sicher sein kann, dass Israel die Drecksarbeit erledigen wird, wenn es nötig wird. Es wäre nicht das erste Mal. Der israelische Luftangriff auf die irakische Nuklearanlage Osirak wird im Rückblick auf die Entwicklungen selbst in der liberalen Öffentlichkeit anders kommentiert als 1981.

Um eine haltbare Lösung zu schaffen, ist diesmal kein Alleingang sondern eine konzertierte Aktion nötig. Die neuen Töne in Teheran sind Folge der Sanktionen. Die international breit angelegten diplomatischen Maßnahmen, die gerade im letzten Jahr und auch infolge von Israels wiederholten Drohgebärden forciert worden sind, tragen Früchte.

Warum nicht weiterführen, was sich schon bewährt hat? Per Reißverschlußprinzip könnten Sanktionen erleichtert werden, sobald Rohani den Forderungen nachkommt. Wird der Kernreaktor bei Qom geschlossen, findet eine Kooperation mit internationalen Beobachtern statt. Wird angereichertes Material abgebaut, muss Teheran mit konstruktiven Konsequenzen rechnen können. Die Gefahr komplett zu bannen, ist Illusion und auch mit militärischem Präventivschlag nicht mehr möglich. Wenn es gelingt, die Bedrohung einzudämmen, dann wäre schon viel erreicht.

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Redakteurin Meinung
1961 in Berlin geboren und seit 2021 Redakteurin der Meinungsredaktion. Von 1999 bis 2019 taz-Nahostkorrespondentin in Israel und Palästina.
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15 Kommentare

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  • leute wir reden hier von der schiitischen geistlichkeit! die hat die iraner schon 1979 nach strich und faden belogen. die kernaussagen khomeinis aus dem exil in frankreich waren:

     

    -keine einmischung in die politik.

    -keine frau muss kopftuch tragen.

    -demokratie und freiheit.

     

    passiert ist hingegen das totale gegenteil.

     

    skepsis den mullahs gegenüber ist IMMER gerechtfertigt. während roohani hier naive europäer mit einem lächeln einlullt geht die finanzierung der terrorgruppen in yemen, gegen israel und in schwarzafrika munter weiter, sowie die unterdrückung der menschen im iran munter weitergeht.

     

    es sind leichte gemeinsamkeiten mit münchen 1938 vorhanden und die europäer benehmen sich gerade bissel wie chamberlain.

    • SI
      Schon Irre
      @mehrdad beiramzadeh:

      Also ob es den Iranern vorher so gut ging. Das Land wurde doch nach Strich und Faden ausgebeutet. Der Schah von US Gnaden ging brutal gegen die Bevölkerung vor. Auch Russland hatte in den 40ern hier die Finger im Spiel, hat sich dann aber zurückgezogen. Oder hätte es für die Bevölkerung sonst einen Grund gegeben auf Khomeini zu hören, der in Frankreich im Exil war? Das ganze, die Revolution entstand damals aus einem Zeitungsartikel der wüst Khomeini beschimpfte. Die Iraner solidarisierten sich mit ihm. Wenn es den Menschen gut geht, haben sie keinen Grund für eine Revolution, auch nicht die Iraner. Sie hatten sehr wohl Gründe. Später dann war Hussein für eine Iranintervention gut gebräuchlich. Mit Massenvernichtungswaffen, biolologischen und chemischen Kapfstoffen hatte man Hussein massiv ausgestattet, der Westen gab im Aufklärung, wo er diese einzusetzen habe, wo doch das, wie wir vor kurzem vernahmen seit 100 Jahren geächtet ist. Mit diesem Zeugs ging Hussein dann auch auf die Kurden los, die wiederum von den USA und anderen Teilen des Westens aufgebaut und ausgestattet wurden zur PKK, die sowohl im Iran, Irak und der Türkei, ja, ihr Unwesen trieb.

      • @Schon Irre:

        typisch. ich spreche über die mullahs, wie sie über leichen gehen, um die macht zu erhalten und wie sie als wolf im schafspelz das iranische volk belogen und betrogen haben. und was machen sie?

         

        lassen ihrem krankhaften amerika-hass freien lauf und gehen nicht auf die verbrechen der mullahs ein.

         

        der shah war ein diktator, aber zumindest ging es den frauen und den religiösen minderheiten (siehe bahai) im iran damals wesentlich besser und es lebten 110.000 juden im iran statt 15.000 heute.

         

        übrigens war die revolution keine islamische, sondern mit überwältigende mehrheit eine eher linke revolution. die islamische geistlichkeit hat die revolution irgendwann gekapert und 1980, mit dem invasion des irak als vorwand, zehntausende eher linke revoluzzer weggesäubert.

         

        ist echt krass, wie ein linker? wie sie das ignoriert und die mullahs verteidigt, nur weil sie (genau wie sie) gegen westen und juden? sind.

  • SA
    Scholem Alejchem

    Netanjahu erinnert mich an eine Fabel von Äsop, in der ein Fuchs die verlorener Larve eines Schauspielers findet und ausruft: "Ach, was für ein großes Maul, aber ohne Hirn!"

  • Einzig allein Israel ist der Staat im nahen Osten der dem Frieden entgegensteht.Es ist der Staat der wiederholt falsches Zeugnis abgelegt hat wenn es ihnen gelegen kam.Was daraus geworden ist?Totale Destabilisierung des Osten.Das Morden muss endlich aufhören.Das geraubte Land den Palästinensern zurück gegeben werden.

    • @wolfgm:

      Informieren Sie sich erstmal, bevor sie falsche Tatsachen publik machen!

  • Ich fordere das Ende der Urananreicherung, die Schließung der Atomanlagen einschließlich der Zentrifugen in Israel und die Entfernung des angereicherten Kernmaterials (? wat'n dat, Frau Knaul?)aus Israel und den besetzten palästinansischen Gebieten.

  • P
    Peter

    Ausgerechnet Netanjahu, der Falke, klopft so mächtig auf den Busch. Dann sollte mal Israel seine Kernwaffen verschrotten, denn das wäre der fundamentalste Schritt zu einem Nahen Osten ohne Kernwaffen.

  • LH
    Lala Honigmann

    Eine Nummer kleiner bitte:

    Haste kleine Händche,

    brauschste wenig Teich,

    backste kleene Brötchen,

    wirste schneller reich.

  • ER
    Erhard Rein

    der Iran hat im Gegensatz zu Israel den Atomwaffensperrvertrag unterzeichnet.

  • L
    Leblos

    Es ist sehr umstritten, ob Iran ein Atomprogramm unterhält. Ahmadineschad ging auf Konfrontationskurs, teils sehr plump. Woblei da auch von den Medien einiges überzogen wurde. Ein Israeli kann jederzeit damit drohen irgendwo anzugreifen und wird sogar Applaus ernten. Ein Iraner eben nicht... Es müssen einfach regelmäßig internationale Kontrollen stattfinden, so besetzt, dass keine Manipulation möglich ist; auch nicht durch die Kontrolleure selbst wohlgemerkt. Der Iran war doch immer in der politischen Schusslinie. Als ob es nur um Religion und die Israelbedrohung ginge. Wo sich doch gewisse Leute Jahrzehnte um Irans Ölfelder zankten, Marionettenregierungen eingesetzt wurden usw. Diese Leute besitzen halt die Medienhoheit. Der Iran muss sich also entsprechend verhalten und einsehen, dass er den kürzeren Hebel hält, dann bringt all das Kriegsgeschrei der anderen Seite nichts.

  • RW
    Rosa Wertheimer

    Die ständigen Provokationen Netanjahus gegen Obama haben sich nicht ausgezahlt. Auch die 5. Kolonne Israels um Eric Cantor haben in den USA den Poker verloren. Es war ein Fehler den Präsidenten innenpolitisch zu erpessen,um eine andere Außenpolitik zu erzwingen. Bald sind USA und Iran wieder eng verbunden und Netanjahu steht belämmert da.

  • Es wäre an der Zeit, dass auch Israel sein Atomwaffenprogramm offen legt!

    • K
      Kimme
      @antares56:

      Es wäre Zeit, dass die Nachbarstaaten Israels nict immer wieder drohen es auszulöschen und dies auch nicht mehr hinter verschlossener Tür planen.

      • @Kimme:

        @Kimme: Völlige Zustimmung!

        @Antare56: Völliger Quatsch!