piwik no script img

Kommentar Nato-Mission in der ÄgäisKonjunkturprogramm für Schleuser

Pascal Beucker
Kommentar von Pascal Beucker

Den Schleppern wird mit der Mission keineswegs das Handwerk gelegt. Im Gegenteil: Ihr Profit wird möglicherweise sogar steigen.

Flüchtlinge Idomeni, Griechenland. Foto: dpa

B ekämpfung der Schlepper, nicht der Flüchtlinge – das ist der offiziell verkündete Zweck der Nato-Mission in der Ägäis, die in den kommenden Tagen starten soll. Grundsätzlich wäre nichts dagegen einzuwenden, wenn die türkische und die griechische Küstenwache effektiver gegen die Schleuserbanden vorgehen würden, deren millionenschweres Geschäftsmodell es ist, Not und Elend von Menschen auszunutzen. Nur: Nach dem derzeitigen Stand wird die Nato dazu keinen Unterstützungsbeitrag leisten. Im Gegenteil: Ihre Mission könnte sich sogar als Schleuserkonjunkturprogramm erweisen.

Seit dem Nato-Eilbeschluss vor drei Wochen beteuert Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen unablässig, mit Hilfe der Nato solle den Flüchtenden der Anreiz genommen werden, sich in Hände der kommerziellen Fluchthelfer zu begeben und die gefährliche Überfahrt zu wagen. Daher sei „fest verabredet mit der Türkei“, so behauptet sie, „dass die Flüchtlinge zurück in die Türkei gebracht werden“.

Doch der Eindruck, den von der Leyen vermitteln will, ist falsch. Wie bisher auch schon wird es vom jeweiligen Hoheitsgewässer abhängen, an welchem Ufer die Passagiere eines abgefangenen Bootes landen werden. In die Türkei zurück müssen nur diejenigen, die noch in türkischen Gewässern aufgegriffen werden.

Somit besteht nach wie vor die Chance, es nach Griechenland zu schaffen – wenn auch eine geringere. Das bedeutet, dass sich weiterhin Menschen den Schleppern ausliefern werden. Das erhöhte Risiko werden diese einzupreisen wissen. Ihr Profit dürfte also steigen, statt zu sinken. Den Preis zahlen die Flüchtlinge, so oder so: Allein in diesem Jahr haben bislang 410 Menschen ihr Leben in der Ägäis verloren.

Wirksam gegen Schleuser wäre, Flüchtlingen eine legale und sichere Einreise zu ermöglichen

Was der Bekämpfung des Schleuserunwesens tatsächlich dienen würde: Flüchtlingen eine legale und sichere Einreise in die EU zu ermöglichen. Das wäre effektiv und human. Aber wer will das schon?

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Pascal Beucker
Inlandsredakteur
Jahrgang 1966. Arbeitet seit 2014 als Redakteur im Inlandsressort und gehört dem Parlamentsbüro der taz an. Zuvor fünfzehn Jahre taz-Korrespondent in Nordrhein-Westfalen. Seit 2018 im Vorstand der taz-Genossenschaft. Sein neues Buch "Pazifismus - ein Irrweg?" ist gerade im Kohlhammer Verlag erschienen.
Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Das Risiko der Schlepper wird sogar geringer. Sie brauchen nicht mehr mitzufahren, sondern sagen : fahrt bis zu dem grauen Schiff dort! Die Türkei will niemanden aufhalten. Die Mission darf aber nicht in türkischen Gewässern operieren. Daher werden alle Aufgegriffenen in Griechenland landen.

    Viel Gedöns um NULL Wirkung. Typische Symbolpolitik!