piwik no script img

Kommentar Nahost-KonfliktMenschen in Not die Tür versperren

Kommentar von Susanne Knaul

Die Bevölkerung von Gaza ist zwischen Hammer und Amboss gefangen. Ägypten könnte nun helfen, indem es die Grenze für Flüchtlinge öffnet.

Wo sollen sie hin? Palästinensische Familie flüchtet vor den Bomben. : reuters

D ie Zivilbevölkerung im Gazastreifen ist gefangen zwischen Hammer und Amboss. Die Hamas missbraucht sie; sie zahlt den Preis für die unsinnigen Raketenangriffe, die beim übermächtigen Feind doch wenig ausrichten können.

Dies ist ein Krieg gegen die Hamas, sagt andererseits Israels Regierung, nicht gegen das palästinensische Volk. Niemand wolle unschuldige Opfer. Und doch kommt es immer wieder zu Toten und Verletzten – gerade bei denen, die nicht gemeint sind.

Das Argument, man habe den Krieg nie gewollt, das die Regierung Netanjahu mit ihrer sofortigen Zustimmung zum ägyptischen Waffenstillstandsentwurf glaubwürdig unterstrich, verliert mit jedem toten Kind, mit jeder Frau und jedem an den Kämpfen unbeteiligten Mann in Gaza an Kraft. Ohne Zweifel genießt Israel wie jedes andere Land das Recht zur Selbstverteidigung. Aber sind alle Mittel legitim?

Mit Flugblättern und Textmeldungen warnt die Armee die Zivilbevölkerung; Kampfflieger werfen kleinere Raketen ab, um „anzuklopfen“, bevor sie die Häuser bombardieren. All das nützt den Familien wenig, solange mögliche Fluchtwege versperrt sind. Nirgendwo in Gaza gibt es einen sicheren Ort; die Grenze nach Süden wird bislang nur geöffnet, um Schwerstverletzten die Behandlung in Kairo zu ermöglichen.

Die palästinensische Grenzstadt Rafah liegt zur Hälfte im Gazastreifen und zur anderen auf ägyptischer Seite. Es wären Palästinenser, die ihre Landsleute, vielleicht sogar Familienangehörige aufnehmen könnten. Dazu wäre die Unterstützung internationaler Organisationen nötig. Die Zahlen der zu erwartenden Flüchtlinge wäre überschaubar. Nur müsste Ägypten einer Öffnung zustimmen. Wer Menschen in Not die Tür versperrt, trägt mit Schuld an ihrer Tragödie.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Redakteurin Meinung
1961 in Berlin geboren und seit 2021 Redakteurin der Meinungsredaktion. Von 1999 bis 2019 taz-Nahostkorrespondentin in Israel und Palästina.