Kommentar NSA-Spähaffäre: Miese Karlsruher Performance
Dass die Bundesanwaltschaft NSA-Verantwortliche zur Rechenschaft zieht, erwartet niemand. Sie muss aber wenigstens so tun.
E r ermittelt, er ermittelt nicht, er ermittelt vielleicht doch. Seit Monaten spekulieren Medien darüber, ob Generalbundesanwalt Harald Range nun ein Ermittlungsverfahren gegen die NSA-Verantwortlichen wegen Spionage in Deutschland einleitet oder nicht. Jeder weiß: Es geht dabei nur um Symbolik. Allerdings macht das medial transportierte Hin und Her jede Symbolik zunichte. Eine ganz schlechte Performance.
Dabei war der Start noch gut. Kaum wurde im letzten Sommer die weltweite NSA-Massenüberwachung bekannt, leitete Range Vorermittlungen ein. Und als im Oktober die NSA-Überwachung von Merkels Handy bekannt wurde, eröffnete er ein weiteres Prüfverfahren. Damit demonstrierte Range Tatkraft, nahm die öffentliche Empörung auf und trug zur Delegitimierung der NSA-Aktivitäten bei.
Niemand erwartet von der Bundesanwaltschaft, dass sie am Ende tatsächlich Anklage wegen angeblicher US-Staatsverbrechen erhebt. So etwas hat sie nie getan und wird sie wohl auch so schnell nicht tun. Entsprechende Vorwürfe werden gründlich geprüft, und am Ende erklären die Karlsruher Ermittler mit kunstvollen juristischen Begründungen, warum sie nichts tun können oder müssen. Das kennt man von den Strafanzeigen gegen Ex-US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld wegen Guantánamo oder von den eingestellten Ermittlungen wegen des tödlichen US-Drohnenangriffs auf einen islamistischen Deutschen in Pakistan.
Bei der NSA ist die Inszenierung aber völlig aus dem Ruder gelaufen. Egal wie sich Range am Ende entscheidet (oder seinen Apparat entscheiden lässt): Inzwischen sind immer mehr die Zögerlichkeit und Unentschlossenheit des Generalbundesanwalts zum eigentlichen Thema geworden. Das nutzt niemandem, und dazu ist auch der NSA-Skandal zu wichtig.
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