Kommentar Mobilfunkmesse: Für immer online? Bloß nicht
Mit dem Mobilfunkstandard 5G soll bald jedes Gerät am Netz hängen, vom Auto bis zur Haustür. Doch das ist überhaupt keine gute Idee.
D ie Idee des neuen Mobilfunkstandards 5G soll nach einem Versprechen klingen: Alles ist online und bleibt immer online. Egal ob Auto, Rauchmelder oder Industrieroboter. Doch genau betrachtet ist das Versprechen eine Drohung.
Extrapolieren wir mal das aktuelle Niveau von IT-Sicherheit in eine Welt, in der alles, was sich nur ans Internet hängen lässt, auch tatsächlich vernetzt und ständig online ist. Zur Erinnerung: Das aktuelle Niveau bewegt sich irgendwo zwischen der Hoffnung, dass schon nichts passieren wird, und dem leisen Verdacht, dass es vielleicht doch nicht die schlechteste Idee wäre, mal ein Backup/ein Update/eine Passwortänderung vorzunehmen. Millionen Android-Smartphones sind heute schon mit Sicherheitslücken unterwegs. Wie soll das ausgehen, wenn Milliarden Geräte, die nicht primär für die Kommunikation, sondern für die Fortbewegung, den Haushalt oder die Medizin gedacht sind, dazukommen?
Glaubt irgendjemand, dass der Hersteller der vernetzten Haustür Zeit und Personal darauf ansetzt, monatliche Sicherheitsupdates zu verteilen? Über, sagen wir, 50 Jahre hinweg für 147 verschiedene Haustürtypen? Oder müssen Hauseigentümer:innen oder Mieter:innen dann Wartungsverträge mit dem Hersteller abschließen und monatlich zahlen, damit Kriminelle das Türschloss nicht mittels DDoS-Angriff lahmlegen und in die Wohnung spazieren können? Und wenn der Hersteller pleitegeht? Ist dann eine neue Tür fällig? Und was, wenn es dabei nicht um eine Haustür geht, sondern um einen Herzschrittmacher?
Nein. So hilfreich, so verbindend, so Chancen eröffnend das Internet auch ist – jedes Gerät ans Netz zu hängen, das ist überhaupt keine gute Idee. Dabei muss es nicht einmal der ganz große Angriff sein. Es reicht schon – wie vergangene Woche in Berlin – ein durch Bauarbeiten durchtrenntes Kabel. Einmal an der falschen Stelle gebuddelt, 30.000 Haushalte ohne Strom, Internet weg, Schulen, Kitas geschlossen, Straßenbahnen bleiben stehen. Schon besser, wenn sich die Haustür trotzdem noch öffnen lässt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Geschasste UN-Sonderberaterin
Sie weigerte sich, Israel „Genozid“ vorzuwerfen
Prognose zu Zielen für Verkehrswende
2030 werden vier Millionen E-Autos fehlen
Fußball-WM 2034
FIFA für Saudi-Arabien
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Vertrauensfrage von Scholz
Der AfD ist nicht zu trauen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins