Kommentar Ministerpräsidentin im Saarland: Die Erbinnen der Macht
Frauen in der Politik übernehmen die Macht, aber erringen sie nicht – so auch die zukünftige Ministerpräsidentin des Saarlands. Die Alternative heißt: Quote.
W ieder gelangt eine Frau an die Macht. Diesmal ist es Annegret Kramp-Karrenbauer, die bald im Saarland regiert. Scheinbar mühelos hat sie es nach oben geschafft. Um das Amt der Ministerpräsidentin musste sie nicht kämpfen - es wurde ihr angetragen. Denn ihr Vorgänger Peter Müller strebt zum Bundesverfassungsgericht.
Kramp-Karrenbauer wird die vierte Ministerpräsidentin in der bundesdeutschen Geschichte sein - und ihr Aufstieg ist typisch für die Karrieren von Frauen. Sie sind Erbinnen, keine Kämpferinnen. Sie übernehmen die Macht, aber erringen sie nicht. So war es bei Heide Simonis, die 1993 in Schleswig-Holstein an die Spitze kam, weil Björn Engholm wegen der Barschel-Affäre aufgeben musste. So war es bei Christine Lieberknecht, die seit 2009 in Thüringen regiert, weil Dieter Althaus wegen seiner Stimmenverluste zurücktrat. Nur Hannelore Kraft hat ihr Amt als Ministerpräsidentin in Nordrhein-Westfalen selbst erobert.
Auch Kanzlerin Angela Merkel passt ins Schema der Erbinnen: Zur CDU-Parteichefin wurde sie nur, weil Wolfgang Schäuble 2000 wegen der Spendenaffäre zurücktreten musste. Doch obwohl die Frauen oft als Notlösung erscheinen, sind sie meist herausragende Politikerinnen. Einmal im Amt, wissen sie dieses kunstfertig zu verteidigen und auch Wahlen zu gewinnen. Simonis hat 12 Jahre regiert; Merkel ist unangreifbar in der Union.
ULRIKE HERRMANN ist Wirtschaftsredakteurin der taz.
Frauen scheinen gespaltene Wesen zu sein: Sie haben ein Talent für die Politik, aber nicht für den Nahkampf beim Aufstieg. Sie schrecken vor der brutalen Eitelkeit zurück, die die Männer nach oben führt. Da sind Erbfälle hilfreich - aber zu selten, um weibliche Politikbegabungen nicht zu verschwenden. Die Alternative heißt: Quote. Auch für Spitzenämter.
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