Kommentar Merkel und die NSA: Die ahnungslose Zeugin
Nichts hören, nichts sehen, nichts sagen ist die Devise des Kanzleramtes in der NSA-Affäre. Merkels Auftritt vor dem Ausschuss passt perfekt dazu.
W er kennt es nicht, das Bild von den drei Affen, die sich die Augen, die Ohren und den Mund zuhalten und mit diesen Gebärden zu verstehen geben, dass sie nichts sehen, nichts hören und nichts sagen wollen. Das Bild lässt sich geradezu perfekt übertragen auf das Verhalten der Bundeskanzlerin und ihres Kanzleramts seit den Enthüllungen des Whistleblowers Edward Snowden vor dreieinhalb Jahren. Merkels Auftritt vor dem Untersuchungsausschuss passt dazu.
Ausspähen unter Freuden – geht gar nicht. Das sagte Angela Merkel, als bekannt wurde, dass der US-Geheimdienst NSA eines ihrer Handys überwacht hatte. Was Merkel damals nicht sagte und was sie aus heutiger Sicht zu diesem Zeitpunkt noch nicht gewusst haben will: Der dem Kanzleramt direkt unterstellte Bundesnachrichtendienst hat in großem Maßstab nicht nur böse autokratische Regierungsschufte, sondern auch befreundete Regierungen und selbst EU-Mitgliedstaaten systematisch überwacht und in großem Umfang Daten an die NSA weitergeleitet.
Merkel war am Donnerstag als letzte Zeugin zur Vernehmung vor das parlamentarische Gremium geladen. Bis zur Bundestagswahl im September werden der Ausschuss einen abschließenden Bericht und die Oppositionsfraktionen wohl ihre abweichenden Schlussfolgerungen dazu vorlegen.
Nach 130 Sitzungstagen im NSA-Ausschuss ist, von einer Fülle von Details abgesehen, grundsätzlich nichts bekannt worden, was nicht schon durch Snowdens Unterlagen enthüllt worden war. Dennoch wird der Ausschuss als beispielhaft in die Parlamentsgeschichte eingehen: Denn durch ihn wurde bekannt, wie eine Regierung Öffentlichkeit und Abgeordnete hinters Licht führte, wie das Kanzleramt die Rolle des BND gezielt falsch darstellte. Und wie sich Merkels engster Mitarbeiterstab aus der politischen Verantwortung stahl, indem das Narrativ durchgesetzt wurde, der BND trage ganz allein die Schuld an der Spitzelaffäre.
Die Erzählung geht so: Derjenige (das Kanzleramt), der das Ziel der elektronischen Aufklärung vorgibt, kümmert sich nicht darum, wie das erreicht wird. Und der Auftragnehmer (der BND) ist so rücksichtsvoll, nichts darüber zu verraten, wie er die Ziele erreicht.
„Für mich standen und stehen die Interessen aller Bürger im Mittelpunkt, und das bei Abwägung von Freiheit und Sicherheit“, beteuerte die Kanzlerin vor den Ausschussmitgliedern. Ein schöner Politsprech. Ende Oktober vergangenen Jahres billigte der Bundestag mit seiner Regierungsmehrheit eine Änderung des BND-Gesetzes, die von der Regierung eingebracht worden.
Und siehe da: Mit der illegalen Praxis im BND wurde Schluss gemacht – indem die früheren Machenschaften weitgehend legalisiert wurden.
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