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Kommentar MenschenrechtsnormenKlappt es mit dem Anstand?

Eva Oer
Kommentar von Eva Oer

Die Bundesregierung sabotiert verbindliche Menschenrechtsnormen für Firmen. Die Opfer leben fast immer in Entwicklungsländern.

Auch deutsche Konzerne werden mit zweifelhaften Geschäften in Verbindung gebracht. Darunter Vertreibung, Bedrohung und Ausbeutung Foto: imago/photothek

E s ist einfach sagenhaft peinlich: Die Menschenrechte sind für die Bundesregierung nach eigenen Angaben „nicht verhandelbar“. So soll sich zum Beispiel jedes Partnerland der Entwicklungszusammenarbeit an sie halten, um Hilfen zu erhalten. Dieselbe Bundesregierung aber sabotiert verbindliche Menschenrechtsnormen auf UN-Ebene für Unternehmen – und schert sich somit einen Dreck um die Menschen in ebenjenen Staaten, sobald es um die Interessen der eigenen Wirtschaft geht.

Deutsche Konzerne wurden in der Vergangenheit immer wieder mit zweifelhaften Geschäften und Kooperationen in Verbindung gebracht. Die Vorwürfe lauten etwa Landvertreibung, Bedrohung von Gewerkschaftern oder die schlichte Ausbeutung von ArbeiterInnen. Die Opfer leben fast immer in Entwicklungsländern.

Ärmere Länder brauchen Arbeitsplätze und deshalb auch dringend private Investitionen. Daher sind viele Staaten bereit, Konzerne mit Steuervergünstigungen oder Ähnlichem zu locken. Deutschland hat sich zuletzt prominent mit Initiativen wie dem „G20 Compact with Africa“ darum bemüht, mit den Entwicklungsländern bessere Voraussetzungen für die Privatwirtschaft zu schaffen. Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) pocht ohne Unterlass darauf, dass deutsche Firmen mehr investieren sollten.

Unter diesen Umständen wäre es nur fair, nicht nur den Konzernen ein attraktives Investitionsumfeld mit Garantien und Sicherheiten zu schaffen. Im Gegenzug sollten auch die Menschen vor Ort die Möglichkeit haben, sich zu wehren, falls windigere Investoren ihre Macht, korrupte und unzureichend arbeitende staatliche Strukturen ausnutzen.

Die Große Koalition aber setzt erst einmal auf die freiwilligen Selbstverpflichtungen. Dabei ist doch völlig klar: Wer verbindliche Regelungen ablehnt, erst mal schauen und prüfen will, wie das so klappt mit dem Anstand, nimmt Menschenrechtsverletzungen billigend in Kauf. Da ist dann auf einmal doch alles verhandelbar.

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Eva Oer
Redakteurin
*1985, seit November 2017 Redakteurin für europäische und globale Politik im taz-Auslandsressort. Hat seit 2014 immer mal wieder für die taz gearbeitet, meistens für das Ressort Wirtschaft und Umwelt, und schreibt gern über die EU und über Entwicklungspolitik.
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7 Kommentare

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  • Zitat: „Ärmere Länder brauchen Arbeitsplätze und deshalb auch dringend private Investitionen.“

     

    Diese Behauptung ist ebenso schlicht wie sie falsch ist. Insbesondere in all den Fällen, in denen die „private[n] Investitionen“ nicht der sozialen, kulturellen und sonstigen Entwicklung besagter „ärmere[r] Länder“ dienen, sondern lediglich der Maximierung von Profiten, die komplett ins Ausland fließen.

     

    Entwicklung ist nicht zwingend mit Ausbeutung verknüpft. Wer etwas anderes behauptet, braucht mir gar nichts über die Moral (der Anderen) erzählen.

  • Haben die armen Länder keine Regierungen? Wäre es nicht deren Aufgabe, ihre Leute zu schützen?

     

    Oder ist das Konzept „eigene Leute“ so faschistisch, dass es besser ist, die armen Länder von Brüssel und New York aus zu regieren? Aber wäre das nicht neokolonialer Imperialismus, also faschistisch?

     

    Egal. Hauptsache, wir handeln „moralisch“.

    • @KruegerParc:

      Nein, es wäre nicht faschistisch. Da es die Unternehmen aus Brüssel und News York sind, die in Ländern mit schwachen Menschenrechtsverständnis kommen und Geld verdienen, ist es auch Aufgabe aus Brüssel und New York vor Ort die Menschen, die für Brüssel und new York arbeiten zu schützen.

      • @fitzefatze:

        Falsch.

        Es ist Aufgabe der Politik dafür zu sorgen dass Regeln eingehalten werden.

        Aber offensichtlich kann man das schwarzen Menschen nicht zutrauen.

  • Hallo, es gibt eine offizielle Stellungnahme der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken zu diesem Thema. Diese stellt die Ablehnung des Abkommens in ein ganz anderes Licht, ob die Antwort der Regierung aber nur eine Nebelkerze ist, müsste man recherchieren.

    • @fitzefatze:

      Ganz konkret geht es der Regierung darum, dass die ruggi-prinzipien nicht befolgt werden, welches, kurz gefasst, eine institutionelle Einbindung von Wirtschaft und Menschenrecht vorschlägt. Denn bisher unterliegen die Mechanismen zum Schutz der Menschrechte schwächeren Einrichtung als die der Wirtschaft, das soll laut Regierung unterbunden werden.

  • Die Mobber...

     

    Vielleicht sollte sich die Politik erst einmal endlich mehr Anstand angewöhnen...

    So als Grundvoraussetzungt ihres Handelns. Stattdessen wird dort ständig schwer gemobbt!