Kommentar Mehdorn: Der Mann bleibt sich treu
Mehdorn fordert die Offenhaltung von Tegel – obwohl das rechtlich nicht geht. Doch es ist ihm ernst. Das ist das Schlimme.
M an weiß nicht so recht: Soll man über den Express-Fauxpas von Hartmut Mehdorn lachen oder weinen? Gleich am ersten Arbeitstag fordert er die Offenhaltung von Tegel, obwohl das rechtlich unmöglich ist: Ein halbes Jahr nach Öffnung des geplanten Großflughafens muss der innerstädtische Airport schließen. Das sieht der Planfeststellungsbeschluss für den BER vor.
Ähnlich ergeht es einem angesichts der Entschuldigung, die Matthias Platzeck, Brandenburgs SPD-Ministerpräsident und Aufsichtsratschef der Flughafengesellschaft, verlauten ließ. Mehdorn könne ja nicht gleich alles wissen, so Platzeck.
Das ist natürlich Unsinn, denn die wichtigsten Fakten darf auch ein Topmanager am ersten Arbeitstag parat haben. Schließlich ist die Schließung Tegels (und Tempelhofs) einer der wichtigsten Gründe für den Neubau in Schönefeld. Es geht um die Menschen in der Stadt, um ihre Gesundheit und ihre Sicherheit.
ist Co-Leiter des Berlin-Ressorts der taz.
Vermutlich hat Mehdorn seinen albernen Vorstoß also ernst gemeint. Was tatsächlich eher ein Grund zum Weinen ist. Denn es zeigt, welcher Typus Manager jetzt die Flughafengesellschaft führt: Mehdorn schert sich nicht um die Menschen. Er möchte einfach möglichst schnell und in seiner üblichen Großmannsmanier das Projekt zum Abschluss bringen. Die Diskussionen über Flugrouten und -lärm, die die Landespolitik lähmen, wird das indes eher anfeuern. Und auch Platzeck kommen solche gedanklichen Kurzschlüsse eher ungelegen. Ganz sicher tragen sie nicht dazu bei, Schönefeld flott und im Konsens mit den Berlinern und Brandenburgern fertigzustellen. Platzeck sollte schnell einen PR-Profi für Mehdorn engagieren. Sonst fliegt der schneller, als ihm lieb sein kann.
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