Kommentar Mafia-Berichterstattung: Ein sicheres Land
Wer das Thema Mafia in die hiesige Öffentlichkeit bringen will, muss viel ertragen: Ignoranz, Drohungen, Anwaltskosten und Isolation.
D ie gute Nachricht zuerst: Wer sich in Deutschland mit dem Vorwurf der Mafiazugehörigkeit konfrontiert sieht, hat beste Chancen, seinen guten Ruf wiederherzustellen und noch ein bisschen Taschengeld zu verdienen.
Das Oberlandesgericht Dresden hat im Fall der MDR-Dokumentation „Die Provinz der Bosse – Mafia in Mitteldeutschland“ ein Urteil zugunsten des Persönlichkeitsschutzes des klagenden italienischen Gastronomen gefällt, das wie der MDR selbst sagt, „wenig Angriffspunkte“ bietet,
Ein in Erfurt ansässiger italienischer Gastronom hatte mit einer Klage vor dem Landgericht Leipzig gegen die Journalistin Petra Reski Erfolg. Wie die FAZ berichtet, sah der Mann durch einen in der Wochenzeitung Der Freitag erschienen Artikel Reskis, in dem er namentlich erwähnt wird, seine Persönlichkeitsrechte verletzt. Gegenstand von Reskis Artikel war die ebenfalls erfolgreiche Klage ebenjenes Gastronomen gegen den MDR wegen des am 4. November 2015 ausgestrahlten Films „Die Provinz der Bosse – Mafia in Mitteldeutschland“. Reski fühlte sich vom Freitag im Stich gelassen. Freitag-Herausgeber Jakob Augstein wehrt sich in der FAZ gegen diesen Vorwurf: „Redaktionen sind keine Rechtsschutzversicherung für mangelhafte Recherche.“ Die Wochenzeitung hatte den Artikel im September 2016 gelöscht.
Wenig spricht dafür, dass ein in derselben Angelegenheit derzeit am Landgericht in Erfurt laufendes Verfahren wegen Schmerzensgeld und Schadenersatz einen für den beklagten MDR günstigeren Ausgang nehmen wird. Auch die renommierte Journalistin Petra Reski war vor Gericht nicht erfolgreich und auch hier ist offen, welchen Fortgang die Sache noch nehmen wird.
Die schlechte Nachricht: Auch im zehnten Jahr nach dem Massaker der italienischen Mafiaorganisation’Ndrangheta 2007 in Duisburg muss, wer das Thema in die hiesige Öffentlichkeit bringen will, eine ganze Menge mitmachen: nicht nur Ignoranz, Bedrohungen und Anwaltskosten, sondern vor allem das Gefühl der Isolation.
Man kann darüber streiten, ob es zulässig und ob es klug war, den Namen des Klägers im MDR-Prozess zu nennen, wie es Petra Reski in ihrem Artikel für den Freitag getan hat. Allerdings wird die Problematik ja auch der betreuenden RedakteurIn bewusst gewesen sein. Und selbst wenn es ihr nicht bewusst war, sollte ein Herausgeber auch dafür die Verantwortung übernehmen und diese nicht der Autorin allein zuschanzen, wie es Jakob Augstein mit seinem flapsigen „Redaktionen sind keine Rechtsschutzversicherungen“ tut.
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