piwik no script img

Kommentar Lederer und das BabylonEinmischen erlaubt

Erik Peter
Kommentar von Erik Peter

Kultursenator Lederer hat Position gegen Verschwörer bezogen, eine Preisverleihung an Ken Jebsen wurde abgesagt. Von Zensur kann keine Rede sein.

Hat sich eingemischt: Klaus Lederer Foto: dpa

W enn die Macher eines unbedeutenden Blogs einem narzisstisch überdrehten Verschwörungs-Moderator einen selbst erdachten Preis verleihen möchten, sollen sie das tun. Dass die Seitenbetreiber mit dem Namen Neue Rheinische Zeitung suggerieren, sie stünden in direkter Tradition von Karl Marx – geschenkt. Ebenso, dass die Auszeichnung vom Ruhm des Aachener Namensvetters profitieren will. Jeder hat das Recht, sich nach Herzenslust zu blamieren.

Wenn die Beteiligten dafür aber den Weg in die staatlich subventionierte Öffentlichkeit suchen – wie es durch die Wahl des Kinos Babylon als Veranstaltungsort geschah – müssen sie, ja sollen sie, mit Widerspruch rechnen.

Klaus Lederer hat reagiert auf dieses Treffen sich als Opfer stilisierender Wichtigtuer, die überall große Lügen und Komplotte wittern, und sich vor allem auf eines einigen können: die steuernde Macht der Zionisten. Der Senator hat sich öffentlich in einem Facebook-Beitrag positioniert und seine Abneigung zum Ausdruck gebracht. Aus gutem Grund.

Man muss Jebsen und die Macher der Seite nicht als Nazis bezeichnen, doch ist ihre Nähe ins rechtsextreme Milieu auch über das Bedienen antisemitischer Stereotype hinaus unverkennbar. Jebsen etwa bietet in seinen Sendungen diversen neurechten Szenegrößen in stundenlangen Interviews Raum für ihre kruden Thesen.

Verbreitung findet KenFM besonders in so genannten Truther-Kreise, die daran glauben, systematisch von Regierungen und Medien belogen zu werden. Dazu gehören etwa der russische Propagandasender RT und die extrem rechten Zeitschrift Compact mit ihrem Chefredakteur Jürgen Elsässer.

Klappe halten?

Niemand kann erwarten, dass der Linke Lederer, nur weil er nun Kultursenator ist, seine Klappe hält, zumal er sich auch schon in der Vergangenheit mit dieser Szene auseinandergesetzt hat. PolitkerInnen müssen ihre Überzeugungen nicht an der Parlamentstür abgeben. Im Gegenteil: Ihre Verantwortung für eine Gesellschaft, die Hetzern entgegentritt, ist groß, erst recht, wenn sie Mitglieder der Regierung sind. Mutlose PolitikerInnen hat dieses Land bereits genug.

Dass Lederer mit seiner Kritik den Babylon-Geschäftsführer Timothy Grossman adressiert, ist richtig – wen auch sonst? Mit Jebsen und anderen Verschwörungstheoretikern kann man nicht rational argumentieren.

Grossmans Reaktion zeigt, dass von Erpressung oder Beschränkung der Meinungsfreiheit nicht die Rede sein kann. Er hat Jebsen eine Abfuhr erteilt, die von dessen Sender KenFM organisierten 9/11-Vorträge von Daniele Ganser aber nicht abgesagt. Vielleicht hat Grossmann einfach einen Teil von Lederers Kritik verstanden. Vielleicht aber auch nicht. In dem Fall darf er sich weiterhin blamieren – gegen die Position des Kultursenators.

Warum Klaus Lederer falsch gehandelt hat, kommentiert Claudius Prösser.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Erik Peter
Politik | Berlin
Redakteur für parlamentarische und außerparlamentarische Politik in Berlin, für Krawall und Remmidemmi. Schreibt über soziale Bewegungen, Innenpolitik, Stadtentwicklung und alles, was sonst polarisiert. War zu hören im Podcast "Lokalrunde".
Mehr zum Thema

8 Kommentare

 / 
  • Als taz Genossenschaftler schäme ich mich für solch krude Kommentare wie den von Eric Peter. Hier wird eine Verschwörungstheorie gegen Jebsen aufgebaut.

    Zum Glück gibt es noch gute Journalisten bei der taz, die nicht vergessen haben: "Mein Herr, ich teile Ihre Meinung nicht, aber ich würde mein Leben dafür geben, das Sie sie äußern dürfen." (Voltaire)

    Norbert Voß

  • Danke TAZ, dass du deinen Lesern vor Augen führst, warum Dich seit Jahren niemand mehr ernst nimmt und Dich lesen möchte. Weiter So!

  • 3G
    35730 (Profil gelöscht)

    Schon wie der Beitrag anfängt. Und dieses Wort, was immer verwendet wird, wenn Journalisten und Autoren ihre Arbeit machen. Es zeigt, auf welcher Seite die Sachlichkeit ist [...]

     

     

    Kommentar bearbeitet. Bitte bleiben Sie sachlich.

  • Ken Jebsen ein Verschwörer? Bislang war er doch nur Verschwörungstheoretiker.

     

    Mein lieber Herr Peter. Ken Jebsen ist weder das eine noch das andere, er ist ein Journalist, was man von Ihnen nur mit Mühe behaupten kann.

  • Herr Peter, sie schreiben an der Sache vorbei.

    Herr Lederer hat ja nicht nur einfach seine Meinung geäußert. Vielmehr hat er als Senator Einfluss ausgeübt.

     

    Ich tippe drauf, wenn ich bei Herrn Grossmann angerufen hätte und mit den gleichen Argumenten gekommen wäre, hätte es Herrn Grossmann nicht interessiert. Ich habe keine 400.000 Euro zu vergeben.

  • Ja, Herr Peter, Sie sind schön auf Linie. Im Fall Oury Jalloh kann man gut und gerne von einer kriminellen Vertuschung einer kriminiellen Tat von Staatsbeamten ausgehen. Nach Ihrer Logik würde das alles unter den Aluhut passen, oder? Wie Sie hier staatlicher Anmaßung, der Zensur das Wort reden, ist sagenhaft.

  • Ganser geht ja noch.

     

    Die anderen sind irgendwie unterhaltsam und etwas irre. Ich habe mich sehr gewundert den Namen Ken Jepsen im Babylon Programm zu lesen. Das passt doch nicht.

    • @Ansgar Reb:

      Wenn Sie den Namen von Ken Jebsen nicht einmal korrekt schreiben können, dann frage ich mich ebenso, was an Ihrem Kommentar wohl nicht so richtig stimmig ist.