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Kommentar Lage in AfghanistanGeklappt hat nur der Abzug

Kommentar von Thomas Ruttig

Die Taliban stehen vor Kundus. Gescheitert ist das Konzept der „Entwicklungshelfer in Uniform“. Nicht der einzige Fehler der deutschen Afghanistan-Politik.

26. August 2011: ein „Entwicklungshelfer mit Uniform“ der Bundeswehr nahe Kundus. Bild: dpa

D ie Kämpfe am ehemaligen Bundeswehr-Hauptstützpunkt in Afghanistan werfen ein bezeichnendes Licht auf die Resultate der deutschen Mission am Hindukusch. Obwohl der Kampfeinsatz ganz offiziell für beendet erklärt wurde, geht der Krieg ja nicht nur in Kundus weiter.

Der Krieg eskalierte sogar weiter, was sich an den jährlich steigenden Zahlen seiner zivilen Opfer ablesen lässt. Mehr Sicherheit hat die Nato-geführte Internationale Sicherheitsunterstützungsstreitmacht Isaf – als deren Teil die Bundeswehr operierte – den Afghanen also nicht gebracht.

Mit ihrem jahrelangen Leugnen, dass in Kundus überhaupt Krieg herrscht, trug die Bundesregierung indirekt auch zu den gegenwärtigen militärischen Rückschlägen bei. Hätte man sich anfangs um die Sicherheit gekümmert und etwa Milizen entwaffnet, hätte die neue Regierung besser arbeiten können. Später konnten so stattdessen die Taliban ihre örtlichen Strukturen unter der Nase der Bundeswehr und diverser deutscher Geheimdienste etablieren.

Gescheitert ist auch das Berliner Konzept von der Bundeswehr als „Entwicklungshelfer in Uniform“. Gedacht als Alternative zum Antiterrorkrieg von George W. Bush, haben die mit viel (Selbst-)Lob bedachten Entwicklungsprojekte die afghanische Zivilbevölkerung nicht auf die Seite der neuen Regierung in Kabul gezogen.

Der deutsche Einsatz, von der Bundeswehr und den gern vergessenen Zivilisten, hat sicherlich das Leben vieler Afghanen verbessert. Die gegenwärtigen Kämpfe – in Kundus und landesweit – lassen es aber durchaus fraglich erscheinen, ob das nachhaltig sein wird.

Als bei der Übergabe des Standorts Kundus im Oktober des vergangenen Jahres an die afghanischen Streitkräfte ein deutscher Offizier sagte, man habe nun „Operation Abzug“ erfolgreich abgeschlossen, da sprach er möglicherweise von der einzigen wirklich gelungenen bundesdeutschen Operation in Afghanistan.

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13 Kommentare

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  • Wenn man sich für heute gründlich die Laune verderben will , sollte man noch mal den Spiegel-Artikel vom 05.09.2011 zum Stichwort "deutscher Krieg" in Afghanistan lesen :

    http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-80266965.html

    • @APOKALYPTIKER:

      "Wenn man sich für heute gründlich die Laune verderben will.."

       

      Heut passt`s grad nicht.

  • Auf jeden Fall war es eine gigantische Konjunkturmaßnahme. Viele Firmen, z.B. "Ecolog" haben sich extra für die logistische Truppenversorgung gegründet und machen hohe Millionenumsätze, die sie selbstverständlich nicht in Deutschland versteuern.

  • Vielleicht haben jetzt aber alle Kampfparteien genügend Zugang zu Wasser, aufgrund angeblich in den letzten Jahren erbauter Brunnen.

  • Abgesehen vom Scheitern in Afghanistan selber ging von dieser militärischen Aktion ein Signal aus, welches bis heute die Weltpolitik bestimmt und für täglichen Tod und Terror sorgt.

  • War da was anderes geplant oder gewollt. Dieser Krieg ist noch lange nicht zu Ende. Die Präferenz zu einem neun Kollateralschaden mit immensen Kosten muß man sich noch offen halten.

  • Konzeptloses Engagement von Uneinsichtigen.

  • Wollte man da nich Brunnen graben und Schulen bauen? Was hat der ganze Irrsinn da überhaupt gekostet?

  • "Geklappt hat nur der Abzug..."

     

    Ist hier die Rede vom G36?

    • @lichtgestalt:

      ich schätz ja, siehe auch Bild. Die Bundes-Wehrmacht will doch eine neue Ausrüstung, da muss man das Thema immer aktuell halten.

  • "Nicht der einzige Fehler der deutschen Afghanistan-Politik." - Ja, sicher. Nicht zu vergessen den Hauptfehler: Überhaupt in Afghanistan einmarschiert zu sein. Mitgemacht zu haben bei dem NATO-Irrsinn, nach den Anschlägen vom 11. September den Bündnisfall auszurufen und ein Land zu überfallen, welches die USA NICHT angegriffen hatte. Die älteren Herrschaften erinnern sich vielleicht noch: Die Taliban, unter deren Schutz sich Bin Laden aufhielt, sagten: Liefert uns Beweise, daß er es war - und wir liefern ihn aus. Der Westen lieferte jedoch die Beweise nicht, sondern griff an.

    • @Albrecht Pohlmann:

      Er hat´s immer abgestritten. Der alte Kumpel von Brzezinski. Dabei hätte er doch (aus seiner Sicht) ein Held sein können. Immerhin haben sie den Ausweis Atas aus dem explodierten Flugzeug und pulverisierten Türmen gezogen. Der hatte nämlich einen Brandschutz. Ja und den Osama dann in Pakistan... Dafür gibt´s jetzt auch TTIP und NSA als Belohnung.

  • Ja Mensch, wer hätte DAS gedacht??

     

    Aber konzentrieren wir uns aufs Tagesgeschäft. Wenns erstmal die schnelle Eingreifgruppe gibt, DANN wird ALLES gut...