Kommentar Kroatien: Eigentor für die Rechtspopulisten
Das Zerwürfnis zwischen HDZ und dem Regierungschef hat zur Abwahl der Regierung geführt. In der Neuwahl liegt eine Chance für linke Parteien.
E in bisschen Stirnrunzeln war schon dabei, als Tihomir Oreskovic vor fünf Monaten zum Premierminister in Kroatien gewählt wurde. Denn der parteiunabhängige Ökonom und Manager kam aus Kanada, sprach nur holprig kroatisch und hatte als Kompromissfigur keine Hausmacht in den Regierungsparteien, der nationalen Rechtspartei HDZ und der bürgerlichen Reformpartei Most (Brücke). Jetzt wurde er von den Abgeordneten aller Parteien, außer der Most, abgewählt.
Dass er sich den Unwillen der nationalistischen Rechten zugezogen hat, spricht keineswegs gegen ihn. Denn Oreskovic drohte ernstzumachen mit dem Kampf gegen Korruption und Vetternwirtschaft. Er wollte sogar dem kleineren Koalitionspartner Most entgegenkommen und Reformprojekte wie die Föderalisierung des Staates anpacken, um endlich aus der langanhaltenden Wirtschaftskrise herauszukommen. Sein proeuropäisches Konzept stand gegen die autoritären Ambitionen der führenden Rechtspartei HDZ.
Das Hick-Hack um den starken Mann der nationalistischen Rechten, Tomislav Karamarko, und die schmuddelige Korruptionsaffäre, in die dessen Frau verwickelt ist, sind nicht die wahren Gründe für das Zerwürfnis zwischen HDZ und dem Regierungschef. Der Konflikt war nur vorgeschoben.
Mit Oreskovic, das wussten die Rechtspopulisten, ist eine autoritäre Ummodelung des Staates wie in Polen und Ungarn nicht möglich. So hoffen die Rechten nun auf einen Sieg bei der Neuwahl. Auch die sozialdemokratische Opposition und die anderen Linksparteien wünschen sich diese. Nach neuesten Umfragen liegen die Linksparteien vorne. Und Most kann sich wohl keine Neuauflage der Koalition mit der HDZ leisten.
Am Ende führt die Taktik der nationalistischen Rechten wahrscheinlich zu einem Eigentor. Im Herbst könnte eine Koalition der Linksparteien mit Most ins Parlament einziehen – und die Politik Kroatiens gegen den Trend in Osteuropa neu gestalten.
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