Kommentar Krise im Jemen: Kurz vor der Katastrophe
900.000 Menschen sind von Cholera betroffen. Saudi-Arabien bombardiert das Land fast täglich und die EU liefert die Waffen dazu.
E s gibt humanitäre Katastrophen, wie Erdbeben, Stürme oder Fluten, die entspringen höherer Gewalt. Und selbst die, siehe Klimawandel, tragen manchmal die Handschrift menschlichen Fehlverhaltens.
Aber es gibt auch humanitäre Krisen, die einzig und allein von Menschen gemacht sind. Sie sind ein Verbrechen der Menschheit gegen die Menschheit und haben damit klare Verantwortlichkeiten. Die weltweit derzeit größte humanitäre Katastrophe ist so ein Fall. Sieben Millionen Menschen haben im Jemen nicht genug zu essen, 900.000 sind von Cholera betroffen, weil es kein sauberes Trinkwasser gibt.
Doch damit nicht genug. Die seit Montag von Saudi-Arabien durchgesetzte Blockade gegen das Land führt dazu, dass der Jemen vollkommen von der Außenwelt abgeschlossen ist. Keine Nahrungsmittel, keine Medizin und kein Treibstoff kommen ins Land. Zu der jetzigen kündigt sich nun eine noch viel größere Katastrophe an. Die UNO warnt, wenn die Blockade nicht aufgehoben wird, dann droht die größte Hungerkatastrophe, die die Welt in den letzten Jahrzehnten erlebt hat.
Niemand wird dafür zur Rechenschaft gezogen. Nicht Saudi-Arabien, das die Blockade anführt und das den Jemen fast täglich bombardiert. Nicht die Huthi-Rebellen, die Saudi-Arabien provozieren, indem sie ballistische Raketen über die Grenze schießen ohne Rücksicht auf Verluste der eigenen Zivilbevölkerung. Auch nicht Europa. Denn der Jemen-Krieg ist weit weg und produziert keine Flüchtlinge, die zu uns kommen. Aber Europa liefert die Waffen, die in diesem Krieg zum Einsatz kommen.
Zeitgleich mit der UNO-Warnung vermeldet die britische Zeitung The Independent, dass Großbritannien seit Beginn des Jemen-Krieges seine Verkäufe von Bomben und Raketen an Saudi-Arabien um 500 Prozent gesteigert hat. Laut letztem EU-Waffenexportbericht haben 17 EU-Länder Waffen an Saudi-Arabien verkauft, darunter auch Deutschland und Österreich.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Der Jahrestag der Ukraine-Invasion
Warum Russland verlieren wird
Nach der Bundestagswahl
Jetzt kommt es auf den Kanzler an
Sieger des rassistischen Wahlkampfes
Rechte Parolen wirken – für die AfD
Wahlsieg der Union
Kann Merz auch Antifa?
Alles zur Bundestagswahl
Oma gegen rechts hat Opa gegen links noch nicht gratuliert
Wahlniederlage von Olaf Scholz
Kein sozialdemokratisches Wunder