Kommentar Krieg in Syrien: Waffenruhe bleibt zweifelhaft
Das Land ist weit und die Waffen werden wie angekündigt an vielen Orten nicht schweigen: Das wissen Assad, Putin und Erdoğan auch selbst.
D ie Regierungen Putin, Erdoğan und Assad haben eine „landesweite Waffenruhe“ für Syrien verkündet. Das wäre eine wunderbare Neujahrsbotschaft, insbesondere für die bislang überlebenden Kriegsopfer unter der syrischen Zivilbevölkerung. Wenn sie denn wahr würde. Doch daran gibt es leider erhebliche Zweifel.
Denn zugleich mit der landesweiten Waffenruhe verkündeten die drei Regierungen die „fortgesetzte militärische Bekämpfung der Terroristen“ in Syrien – also des „Islamischen Staat“ (IS), des syrischen Al-Qaida-Ablegers (ehemals al-Nusra) und anderer islamistischer Gewaltakteure, die in der Summe derzeit noch über 50 Prozent dieses Landes kontrollieren.
An diesem Zielkonflikt scheiterten bereits in den letzten zwölf Monaten alle Bemühungen der USA und Russlands um eine dauerhafte Waffenruhe. Zumal sich die beiden Großmächte über den Charakter der militärisch besonders potenten „Islamischen Armee“ und anderer Rebellengruppen nie einigen konnten. Sind das „legitime Oppositionsgruppen“ (Washington), die auch in Vereinbarungen über eine Waffenruhe eingebunden und an Verhandlungen mit der syrischen Regierung beteiligt werden müssen?
Oder handelt es sich bei diesen Rebellengruppen wegen ihrer nachweislich engen ideologischen und operativen Verbindungen zu al-Qaida um „Terroristen“ (Mokau), die weiterhin militärisch zu bekämpfen sind? Diesen Dissens haben auch die Regierungen Erdoğan, Putin und Assad nicht überwunden.
Laut Putin wurden „die wichtigsten Rebellengruppen“ mit insgesamt rund 62.000 Kämpfern an der Vereinbarung über die Waffenruhe beteiligt. Die „Islamische Armee“ mit ihren knapp 15.000 Mitgliedern ist nicht dabei. Weitere Zweifel am Eintreten einer landesweiten Waffenruhe weckt die Ankündigung der Regierung Erdoğan, sie werde auch den Krieg gegen die von Kurden besiedelten Regionen – weiteren 10 Prozent des Landes – fortsetzen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Anschlag in Magdeburg
Der Täter hat sein Ziel erreicht: Angst verbreiten
Tarifeinigung bei Volkswagen
IG Metall erlebt ihr blaues „Weihnachtswunder“ bei VW
Nordkoreas Soldaten in Russland
Kim Jong Un liefert Kanonenfutter
Bundestagswahl 2025
Parteien sichern sich fairen Wahlkampf zu