Kommentar Kopftuchverbot an Schulen: Gefährliche Symbolpolitik
Die Hamburger CDU zielt mit ihrer Forderung, jungen Schülerinnen das Tragen eines Kopftuchs zu verbieten, lediglich auf das eigene Lager – und auf die Stammtische.

Z wei Sätze verdienen besondere Beachtung aus all denen, die überliefert sind vom CDU-Parteitag am vergangenen Wochenende: Von einem „Wohlfühlantrag, damit wir uns gut fühlen“, sprach da die Landesvorsitzende der Jungen Union (JU), Antonia Niecke, und meinte damit den Vorstoß der Frauen Union, Mädchen unter 14 Jahren das Kopftuchtragen zu untersagen. Und der frühere Sozialsenator Dietrich Wersich, auch er ein Gegner des entsprechenden Antrags, sagte: „Die Frage ist für mich nicht, was macht das mit AfD-Wählern, sondern was macht es mit den Kindern.“
Am Befund der JU-Chefin stimmt, dass Hamburgs Christdemokraten da etwas debattiert und schließlich abgenickt haben, das in der Welt außerhalb des Wilhelmsburger Bürgerhauses kaum eine Wirkung haben dürfte, und wenn, dann nicht die angeblich beabsichtigte.
Über das Ausmaß des damit vermeintlich angegangenen Problems herrscht Unklarheit – also, wie viele Mädchen mit Kopftuch und im entsprechenden Alter es überhaupt gibt an Hamburgs Schulen? Am Ende nur die beiden aus dem Winterhuder Kampfsportverein, die zur anekdotischen Beweisführung bemüht wurden?
Insofern richtet sich das ach so mutige Signal wider patriarchale Einwanderer und voranschreitende Islamisierung dann eben wirklich nur ans eigene Lager: Seht her, wir tun doch was! Zugegeben: Es dürften mehr Mädchen sein, die es betrifft – aber das hätten ja die zu klären, die an dieser Stelle Handlungsbedarf sehen.
Wersich wiederum legte mit seinem Hinweis auf die Rechtsaußen-Konkurrenz den Finger in die derzeit vielleicht größte Wunde im Unionsuniversum: Ein Gespenst geht um im bürgerlichen Lager, und es heißt AfD. Längst nicht nur in Bayern, wo Wahlen dräuen, wirkt solche symbolische, nach Kulturkampf riechende Politik eben doch wie ein Werben um die angenommenen Stimmenpotenziale an den Stammtischen im Land.
Genau da liegt eine große Gefahr für just die Werte, denen sich die Delegierten vom Wochenende doch angeblich so verpflichtet fühlten: Dass die Mitte, bangend um Mehrheit und Macht, sich anstecken lässt von der Wir-gegen-die-Hetze der AfD.
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