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Kommentar KohlekommissionNicht mehr als ein Anfang

Malte Kreutzfeldt
Kommentar von Malte Kreutzfeldt

Der Bericht der Kohlekommission stellt einen Einstieg in den Kohleausstieg dar. Um die Klimaziele zu erreichen, braucht es weiter Druck.

Bye-bye Dinosaurier: Der Kohleabbau muss sterben und die Trauer hält sich in Grenzen Foto: dpa

E in halbes Jahr lang haben sie intensiv verhandelt, am Ende nochmal 21 Stunden am Stück. Dass sich so unterschiedliche Akteure wie Industrieverbände, Umweltgruppen und Gewerkschaften dabei am Ende auf einen gemeinsamen Kompromiss einigen konnten, ist in diesen Zeiten, in denen die öffentliche Debatte in vielen Bereichen immer aggressiver und unsachlicher wird, schon ein Gewinn an sich.

In der Sache fällt die Bilanz weniger eindeutig aus. Zu den klaren Gewinnern gehören die Bundesländer, in denen die Braunkohlereviere liegen. Sie dürfen sich in den nächsten 20 Jahren über viele zusätzliche Milliarden für den notwendigen Strukturwandel freuen. Auch die Gewerkschaften haben ihr Ziel einer guten Absicherung der Beschäftigten erreicht.

Ob auch das Klima am Ende zu den Gewinnern gehört, bleibt dagegen offen. Klar und positiv sind nur die kurzfristigen Festlegungen für die Zeit bis 2022: Bis dahin sollen nach dem Plan der Kommission so viele zusätzliche Kohleblöcke vom Netz gehen, dass das Klimaziel für 2020 zumindest mit etwas Verspätung halbwegs erreichbar scheint. Und weil die ersten Braunkohlekraftwerke im Rheinland abgeschaltet werden, können dort sowohl der Hambacher Wald als auch ein Teil der bedrohten Dörfer gerettet werden.

Die mittelfristigen Pläne bis 2030 fallen leider schwammiger aus. Weil auf verbindliche Zwischenziele verzichtet wurde, steht nicht fest, wann wie viele Kraftwerke vom Netz gehen. Und auch das Enddatum bleibt mit 2038 – und der Option, es auf 2035 vorzuziehen, hinter dem zurück, was möglich und für das 1,5-Grad-Ziel nötig wäre.

Trotz der ungleichen Erfolge scheint es insgesamt vernünftig, dass die Umweltverbände diesem Ergebnis zugestimmt haben. Der Einstieg in den Kohleausstieg findet mit dieser Einigung definitiv schneller statt als ohne. Das verbessert die deutsche Klimabilanz kurzfristig deutlich. Und die mittel- und langfristigen Ziele können, sofern sie sich durch immer günstigere erneuerbare Energien und steigende CO2-Preise nicht von allein nach vorne verschieben, auch im Rahmen dieses Konsenses noch weiter verschärft werden.

Dass Basisbewegungen wie Ende Gelände oder die streikenden SchülerInnen den Kompromiss ablehnen, ist angesichts der klimapolitischen Schwächen ebenfalls nachvollziehbar – und hilfreich. Denn der Beschluss der Kohlekommission ist ein guter Start für den weiteren Prozess – nicht weniger, aber auch nicht mehr. Bis zum tatsächlichen Ende der Kohlenutzung wird noch viel gesellschaftlicher Druck erforderlich sein.

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Malte Kreutzfeldt
ehemaliger Redakteur
Jahrgang 1971, war bis September 2022 Korrespondent für Wirtschaft und Umwelt im Parlamentsbüro der taz. Er hat in Göttingen und Berkeley Biologie, Politik und Englisch studiert, sich dabei umweltpolitisch und globalisierungskritisch engagiert und später bei der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen in Kassel volontiert.   Für seine Aufdeckung der Rechenfehler von Lungenarzt Dr. Dieter Köhler wurde er 2019 vom Medium Magazin als Journalist des Jahres in der Kategorie Wissenschaft ausgezeichnet. Zudem erhielt er 2019 den Umwelt-Medienpreis der DUH in der Kategorie Print.
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16 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • 8000 Menschen sind in der Lausitz in der Braunkohle beschäftigt. Bis zum Jahr 2035 wird der Anteil der erwerbsfähigen Bevölkerung im Alter zwischen 20 und 60 Jahren durch Abwanderung sinken und einen Fachkräftemangel erzeugen. (Quelle: „Strukturdaten für die deutschen Braunkohleregionen“; RWI Leibniz Institut Köln)

    Niemand verlässt gerne seine gewohnte Umgebung, es sei denn, man wird wegen fehlender Jobs und Einkommensperspektiven dazu gezwungen. Eine Region in peripherer Lage mit schwindender/überalterter Bevölkerung ist für Investoren nicht attraktiv; es sei denn, langfristige staatliche Subventionen, Steuervergünstigungen und Zuschüsse sichern die Renditen. Milliarden sollen dafür bis 2038 bereitgestellt werden.

    Während der Strukturwandel in den nächsten 20 Jahren vollzogen werden soll, Investoren gesucht, gelockt und gefunden (?) werden müssen (bei Bevölkerungsabwanderung gerade der Jungen), um in der Lausitz Industrie-/Gewerbe aufzubauen, werden die Milliarden fließen. Nicht für die Braunkohle Beschäftigten, sondern für die Planer, Gestalter und Investoren des Strukturwandels.

    Nur mal so ins Unreine:



    Hätte jeder der 8000 Beschäftigten ein Jahres brutto von 50000 Euro und würde der Staat dieses Geld bis zur Rente jedem auszahlen, der freiwillig aus seinem Braunkohle-Arbeitsverhältnis aussteigen will, kostete das per anno 400 Mio; wenn alle aussteigen würden. Davon würden rund 160 Mio (rd 40%) über EK-Steuern zurück fließen. Die Beiträge für Sozialabgaben (RV/KV/Pflege) würden nicht entfallen. Rd 240 Mio Euro stünden den Beschäftigungsfreien netto zur Verfügung, von denen rd 19% über die MWST (45,6 Mio) für Konsumausgaben in den Staatshaushalt zurück flössen. Der Einzelhandel verlöre keine Kundschaft, und deren Steuerzahlungen flössen ebenfalls weiter.

    Kurzum: Es wäre für die Gemeinschaft der Steuerzahler günstiger, als Milliarden nach Oben umzuverteilen! Entwickeln könnte sich dort trotzdem etwas, ohne Existenzängste der Bevölkerung vor der Zukunft.

    • @Drabiniok Dieter:

      "Kurzum: Es wäre für die Gemeinschaft der Steuerzahler günstiger, als Milliarden nach Oben umzuverteilen!"



      Ist es das nicht immer?



      Aber der Trick an der Geschichte ist ja, dass es nicht um die Menschen da geht (von Gerechtigkeit ganz zu schweigen), sondern um (neue) Geschäftsmodelle für jede Menge "Leute", die mit der Kohle nichts zu tun haben|hatten.



      Ist das nicht schön?!^^

      • @Frau Kirschgrün:

        "…die mit der Kohle nichts zu tun haben|hatten. " – also mit der schwarzen und der braunen Kohle – nicht mit Geld. War etwas missverständlich formuliert ;-)

        • @Frau Kirschgrün:

          Hab schon verstanden :-)



          Beste Grüße

  • 2038?



    RWE hat mal wieder gewonnen.



    Traurig, traurig, traurig.



    M. E.:



    - zu spät



    - zu teuer



    - mal sehen, ob Hambi wirklich stehen bleibt



    Bin gespannt wie|an wen das Geld ausgezahlt wird, ob und wie das kontrolliert un dder Bevölkerung kommuniziert wird…



    Bei den 40 Milliarden sind die Ewigkeitskosten noch gar nicht dabei, in der Lausitz leeren sich Seen, weil der Bergbau das Grundwasser extrem absenkt. Da kommt noch richtig viel, viel mehr auf den Steuerzahler zu. Aber das erfährt er erst später ;-)



    Ich glaube im Teletext habe ich heute am frühen Abend gelesen, dass der Beschluß der Kohlekommission mit einer Gegenstimme angenommen wurde. Wer diese Gegenstimme war, würde mich sehr interessieren!



    Claudia Kemfert vom DIW hat von etwa 3.000 betroffenen Bergleuten in Nordrheinwestfalen und 8.000 betroffenen Bergleuten in der Lausitz zum Zeitpunkt des "shut downs" gesprochen. Dafür erscheinen mir selbst unter Berücksichtigung der strukturellen Veränderungen 40 Milliarden wie ein dicker fetter Lottogewinn…

    • @Frau Kirschgrün:

      Die Gegenstimme war Hannelore Wodtke, Vorsitzende der Wählergruppe „Grüne Zukunft Welzow“.

      • @Renate:

        Danke für die Info!! Grüße.

  • Ich finde es eines der stärksten Zeichen der deutschen Demokratie, wenn das gelingen sollte. Und zwar wirklich so, dass sowohl die Menschen die von der Kohle leben als auch die Klimaziele nicht zurück bleiben.

    • @Richard Meier:

      Wenn's nicht gelingen sollte, endlich mal ordentliche Klimapolitik zu machen, werden wir deutlich gravierende Probleme bekommen als die Performance deutscher Demokratie...

  • Wissenschaftler haben ausgerechnet, dass bei weiteren Abbau der Kohle, die Kohle ohnehin im Jahr 2040 erschöpft wäre. Es ist also ein gutes Ergebnis für die Energiekonzerne, den Abbau erst 2038 beenden zu müssen, da ab da ohnehin keine Kohle mehr im Boden liegt. Das deutsche Volk wird also mal wieder für dumm verkauft und einige Politiker haben sich mit der weiteren Umweltverschmutzung bis 2038 noch einen zukünftigen Aufsichtsratsposten bei den Energiekonzernen gesichert.

    • @Ricky-13:

      Es ließen sich noch etwa 36 Milliarden Tonnen Braunkohle in Deutschland wirtschaftlich abbauen. Aktuell sind wir bei ca. 170 Millionen Tonnen Förderung pro Jahr. Damit käme man noch locker 200 Jahre hin. Was Sie vielleicht meinen, sind die bereits genehmigten Fördermengen. Das sind so 4 Milliarden Tonnen. Die wären bei aktueller Förderquote tatsächlich so um 2040 weg. Allerdings ist die Förderquote ja stark fallend. Dann passt das auch wieder nicht ganz...

  • Hätte gerne mehr darüber erfahren, was genau die Konzerne (insbesondere RWE) für sich herausgeschlagen haben und welche Personen in dieser Kohlekommission denen diesen Geldsegen auf unser aller Kosten beschert haben, obwohl Gutachten vorliegen, dass da keine Rechtsansprüche auf Entschädigung bestehen. Waren diese



    Kohlekommssionssitzungen öffentlich oder durfte wenigsten die Presse dabei sein?

  • Unterm Strich wird dabei weder für das Klima, noch für die Menschen in den Kohleregionen etwas positives heraus kommen.



    Zahlt den Menschen die mit der Kohle bisher ihren Lebensunterhalt verdient haben die Löhne bis zur Rente weiter, anstatt die jährlichen Milliarden zu den Investoren umzuverteilen. Zwingt sie nicht in die Arbeitslosigkeit und Hartz IV, empfehlt dem Baggerfahrer nicht, sich mit 50 zum Altenpfleger umschulen zu lassen, sondern gebt ihnen die Entscheidungsfreiheit zurück wie sie ihr zukünftiges Leben gestalten wollen. es trifft sie nämlich keine Verantwortung dafür, dass sie bei der Berufswahl in der Vergangenheit die Zukunft nicht kannten.



    Und was für die Kohlebeschäftigten gilt, kann auch für die arbeitslos werdenden Beschäftigten bei Kaufhof, Siemens, Deutscher Bank, Ford... gelten.



    Diese Milliarden würden wenigstens zurück in den Steuerhaushalt und die Sozialversicherungen fließen, und nicht in die Taschen der Beute-Investoren, die auf billige Arbeitskräfte durch Job-Center Vermittlung spekulieren.

    • @Drabiniok Dieter:

      Genau....jeder der seinen Job irgendwann verliert braucht sich keinesfalls einen neuen suchen, soll zu Hause bleiben und bekommt Staatsknete....



      Haben Sie schlecht geschlafen?

      • @Tom Farmer:

        Sind Sie Investor, oder können Sie nicht lesen?

        • @Drabiniok Dieter:

          ⭐️ ⭐️ ⭐️ ⭐️ ⭐️