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Kommentar Klage der AtomkonzerneKein Anspruch auf Geschenke

Malte Kreutzfeldt
Kommentar von Malte Kreutzfeldt

Die Energiekonzerne fordern zu Unrecht Schadenersatz. Schließlich haben sie dem Atomausstieg ausdrücklich zugestimmt.

Vattenfall-Chef Pieter Wasmuth und RWE-Chef Matthias Hartung fordern Ersatz für einen Schaden, den es gar nicht gibt. Foto: Reuters

M an muss kein Atomkraftgegner sein, um sich über die Klagen der Energiekonzerne gegen den Atomausstieg zu ärgern. Erst Milliarden mit der Atomkraft verdienen, dann zu wenig Geld für die Entsorgung des Atommülls haben und gleichzeitig noch Schadenersatz vom Steuerzahler für den demokratisch beschlossenen Ausstieg haben wollen – das erscheint schon dreist.

Doch diese Argumentation geht am Kern des Streits vorbei. Natürlich haben die Unternehmen das Recht – und um ihrer Aktionäre willen vermutlich sogar die Pflicht –, vor Gericht überprüfen zu lassen, ob ihnen für das staatlich verordnete Abschalten ihrer Reaktoren eine Entschädigung zusteht. Doch besonders große Hoffnung auf Erfolg sollten sie sich nicht machen.

Denn selbst eingefleischte Befürworter der Atomenergie tun sich schwer, eine Begründung für den geforderten Schadenersatz zu liefern – einfach deshalb, weil es keinen Schaden gibt. Schließlich haben Unternehmen im Jahr 2002 einem Atomausstieg nach 32 Betriebsjahren ausdrücklich zugestimmt – ohne Entschädigung, weil sich die Kraftwerke in diesem Zeitraum locker amortisiert haben.

Diese Vereinbarung hat die schwarz-gelbe Regierung zwar im Jahr 2010 wieder rückgängig gemacht und die Laufzeiten verlängert, doch schon wenige Monate später schwenkte sie unter dem Eindruck der Fukushima-Katastrophe um und beschloss erneut einen Ausstieg.

Besonders große Hoffnung auf Erfolg sollten sie sich nicht machen.

Schadenersatz kann schon allein deshalb nicht fällig sein, weil die Unternehmen gar nicht genug Zeit hatten, im Vertrauen auf die Laufzeitverlängerung viel Geld in ihre Kraftwerke zu investieren. Was bleibt, ist allein die Tatsache, dass die Regierung den Unternehmen Hoffnung auf zusätzliche Milliardengewinne gemacht hat, die dann durch den erneuten Kurswechsel nicht zustande kamen.

Doch auch Eon, RWE und Vattenfall sollten wissen, dass es auf Wahlgeschenke keinen Rechtsanspruch gibt.

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Malte Kreutzfeldt
ehemaliger Redakteur
Jahrgang 1971, war bis September 2022 Korrespondent für Wirtschaft und Umwelt im Parlamentsbüro der taz. Er hat in Göttingen und Berkeley Biologie, Politik und Englisch studiert, sich dabei umweltpolitisch und globalisierungskritisch engagiert und später bei der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen in Kassel volontiert.   Für seine Aufdeckung der Rechenfehler von Lungenarzt Dr. Dieter Köhler wurde er 2019 vom Medium Magazin als Journalist des Jahres in der Kategorie Wissenschaft ausgezeichnet. Zudem erhielt er 2019 den Umwelt-Medienpreis der DUH in der Kategorie Print.
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8 Kommentare

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  • Woher kommen nur die 3 Milliarden Gewinn äh Verlust?

    Erfahre dieser Tage, dass der gesamte EEG-Strom im Wesentlichen verschenkt wird (die EEG-Umlage ist höher als die Auszahlungen an die EEG-Anlagenbetreiber). Und die "Käufer" des EEG-Stroms (am Spotmarkt) seien die Kraftwerksbetreiber. Also Strom im Wert von 5 Milliarden für lau...

     

    Bin übrigens an Berichtigung interessiert, falls möglich.

  • Kann Philipp Morris mich auf Schadenersatz verklagen, wenn ich mit dem Rauchen aufhöre?

    • @Guten Tach:

      Tach -

      Da wären Sie in bester Gesellschaft;)

      "Ich hab Philipp Morris auf 80.Tausend Ocken verklagt -

      Rauche seit meinem sechsten

      Lebensjahr Kette & bin jetzt 84.

      Schönen Dank ihr Versager!" by

      Kurt Vonnegut

  • Für uns Bürger gibt es doch auch laufend Gesetzesänderungen, welche uns oft genug zusätzlich Geld kosten.

    Alternativ hätte der Staat vielleicht auch einfach die Sicherheitsauflagen oder Auflagen zur Entsorgung aus guten Gründen immer weiter steigern können, bis nur noch Abschalten möglich ist.

  • Hier sollte man unbedingt bereichsübergreifend denken. Denn was ist, wenn demnächst z. B. Marihuana legalisiert wird und einige Zeit später wird es wieder gekippt? Kommt dann eine Rauschgiftmafia angelaufen und verlangt Schadensersatz? Oder wie ist es mit Glyphosat? Wird es nur deshalb nicht verboten, weil man anderenfalls eine Schadensersatzforderung in Millardengröße erwartet?

    In vielen Bereichen war man weitaus weniger zimperlich, sei es beim Thema Asbest oder E-Zigaretten u. v. a.

    Oder lag das daran, daß die jeweils politisch Verantwortlichen ihr Geld nicht dort in Form von Aktien usw. inverstiert hatten?

    Doch egal wie, Konzerne, die gelogen und/oder lobbyistisch manipuliert haben, die Verbraucherpreise verzerrend gestalten u. v. a. sind Gift für jeden Staat. Solche dürfen auch nicht durch Hintertürchen, z. B. durch einen angeblichen Schadensersatzanspruch gefördert werden.

  • Die Klage zieht einem die Schuhe aus. KKW sind grundsätzlich unterversichert. Das Risiko hat der Bürger gefälligst zu tragen, ob es ihm passt oder nicht. Möchte eine Regierung das Risiko nicht mehr tragen, haben die Konzerne Anrecht auf Schadenersatz in Milliardenhöhe ?

    Allein schon wegen dieser Arroganz gehören die großen EVU enteignet

  • Klarer Fall - phallus clarus -

    Alles ist fällig - Was der Fall ist - &

    Ne Lüttche Lage - wär da doch

    Noch mal fällig. ;- ()

     

    Alles letztlich ein fernes Echo -

    Aus Zeiten einer verwöhnten Industrie!

    Die aber auch ehrlicherweise ins Feld führen kann - Daß sie an diesen heiklen Braten Atomindustrie - So ganz & gar nicht dran wollte wg des unkalkulierbaren Risikos in vielfältiger Hinsicht. - &

    Es die Ministerialbürokratie & die unbedarften Politikaster von

    CDSUSPDFDP - waren -

    Die diese (Atom)industrie mit Geldgeschenken zum Jagen trug - ja Erst zu einer solchen machte.

    Bis hin zu dem schlechten Hausvater

    Was Hintern raus kommt Helmut Kohl,

    Wohl wissend - daß alles - bis zu Endlagerung nicht handelbar war und ist - & dennoch & zudem den Rechtsschutz gnadenlos verkürzte.

    Tschernobyl läßt Grüßen - bis heute!

     

    Kein Wunder das eine so gepamperte Industrie denkt - Aber Hola! Recht?!

    "Da geht doch noch was -

    Ging doch bisher auch ganz dufte!"

    Wußte doch schon das Mittelalter -

    "Reiche Leut Kind habe klebitschte Händ!"

  • Sowohl bei dem 2002 wie auch schon vorher war JEDEM der RECHNEN konnte (Hauptschulniveau reichte aus) klar, das für den "Rest" der Steuerzahler, das Volk gerade stehen muss! (1)

    .

    AKWs haben sich sowohl BWL/VWL nie gerechnet, wenn man alle Folgekosten mit in die Kalkulation einbezog! Das war schon vor dem Bau klar!

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    Das Verhalten der Versorger ist natürlich (in unserem Wirstcahftssystem) folgerichtig. Es wird wohl Urteile geben und danach werden die profitabelen und die kostenträchtigen Betreibsteile so auseinandergebaut worden sein, das die Kosten bei den Gesllschaft, die Gewinne bei den Anteilseigner bleiben.

    .

    MMn. geht es nur noch darum, die HÖHE der Gewinne fest zu schreiben. Davon, das diese "Technik" besenreine Flächen zurücklässt und die "Gewinnbeteiligten" für die Reste haften kann man doch nur noch träumen:-((

    .

    "Was kümmern uns die Fragen der Zukunft!" Wir haben Kasse gemacht und wenn die "Wiese" abgegrasst ist, zieht das "Kapital" weiter!

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    Wird sich so lange nicht ändern wie wir uns das gefallen lassen!

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    Meint

    Sikasuu

    .

    (1) Vergl dazu aus "Ewigkeitsschäde der Bergbaus" Auch die sind, zwar noch verdeckt, auf die Allgemeinheit verschoben worden.