Kommentar Kita-Volksinitiative: Vom Kind her denken
Der Kita-Etat in Hamburg ist in den letzten Jahren stetig gewachsen. Aber das hat Hamburg nicht geschadet. Im Gegenteil.
H amburg hat Erfahrung mit Kita-Volksinitiativen. Im Jahr 2004 war es die SPD, die unter dem Titel „Mehr Zeit für Kinder“ dem damaligen CDU-Bürgermeister Ole von Beust ein fettes Millionen-Paket zur besseren Kita-Versorgung abtrotze. Seither haben – das war damals einmalig – berufstätige Hamburger einen Rechtsanspruch auf Betreuung ihrer Kinder.
2011 war es die dank dieser ersten Volksinitiative gesetzlich etablierte Landeselternvertretung, die mit der Kita-Volksintiative „Frühkindliche Bildung“ gegen hohe Gebühren stritt. SPD-Bürgermeister-Kandidat Olaf Scholz kaufte sie im Wahlkampf ein, mit dem Versprechen: Bei SPD-Wahlsieg Gebührenfreiheit.
Und nun gibt es eine dritte Kita-Initiative, die sich mit der Qualität dessen, was in Kitas passiert, befasst. Und ausgerechnet die soll so unmöglich sein, dass gleich mit Gericht gedroht wird und eine Änderung der Volksgesetzgebung erfolgen soll?
Dabei ist, vom Kind her gedacht, diese die wichtigste Initiative, sie hätte die erste sein müssen. Denn Kinder brauchen verlässliche Bindung. Schlechte Betreuungsschlüssel können für kleine Kinder sogar schädlich sein. Deshalb ist diese Initiative nicht geeignet, um vor Gericht ein Exempel zu statuieren.
Es stimmt, der Kita-Etat in Hamburg ist stetig gewachsen. Bald gibt die Stadt vielleicht jeden zehnten Euro dafür aus. Aber es ist Hamburg dadurch nicht schlecht ergangen. Immer weniger Mütter verzichten auf den Job. Die Quote derer, die in „großer Teilzeit“ mehr als 20 Stunden die Woche arbeiten, ist von 2010 bis 2014 von 62 Prozent auf 74 Prozent gestiegen. Diese Frauen zahlen auch Steuern, und zwar ein ganzes Erwerbsleben lang. Es gibt wenige reine Hausfrauenbiografien, die den Staat auch viel kosten.
Kita-Ausbau bringt Jobs und Perspektiven
Kita-Ausbau, das bringt neue Jobs und Perspektiven für Schulabgänger, hilft kräftig, die Ausbildungsstatistik zu verbessern. Und schließlich, wer jedes Jahr mindestens 10.000 Wohnungen baut, muss damit rechnen, dass junge Leute zuziehen, die Familien gründen.
Hamburg wächst, das heißt, es kommt auch an die Grenze des Finanzrahmengesetzes, das das Wachstum der Ausgabensteigerung auf jährlich 0,88 Prozent begrenzt. Aber wenn es seine Neubürger vernünftig versorgen will, muss das wohl sein. Mal mit der Initiative reden, reicht nicht. Ernsthafte Verhandlungen sind Plicht.
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