Kommentar Kerry in Israel: Kerrys letzter Anlauf
Der US-Außenminister zeigt Mut bei seiner Nahostmission. Wieder handelt es sich um die „letzte Chance“ – für die Zweistaatenlösung ist es bald zu spät.
J ERUSALEM taz John Kerrys Perspektiven für den Einzug in die Geschichtsbücher stehen besser als die, seine Mission zum Erfolg zu führen. So oder so werden künftige Generationen über den unermüdlichen US-Außenminister lernen, der sich einst den Frieden im Nahen Osten zum Ziel setzte. Gelingt es ihm, verdient Kerry den Nobelpreis. Scheitert er, werden sich die, die seine Kompromisse heute ablehnen, eines Tages ihren Kindern stellen müssen. Warum habt ihr nur nicht auf Kerry gehört?, werden sie dann fragen.
Auf keinen Fall wollen die Palästinenser der fortgesetzten und doch zeitlich begrenzten Präsenz israelischer Soldaten im Jordantal zustimmen. Und auf keinen Fall will Jerusalem einen Friedensvertrag unterzeichnen, solange die Palästinenser Israel nicht als jüdischen Staat anerkennen. Daran soll der Frieden scheitern?
Seit 20 Jahren verhandelt Saeb Erekat im Auftrag der Palästinenser, und fast genauso lange hält er jede neue Verhandlungsrunde für die „letzte Chance“. Diesmal könnte er recht behalten, denn es wird sich auf lange Sicht kein anderer US-Diplomat die Hände am Nahen Osten verbrennen wollen bei dem Versuch, die Starrköpfe in der Region zusammenzubringen.
Stattdessen ist neue Gewalt absehbar und noch mehr Misstrauen. Ganz sicher ist in zehn oder gar zwanzig Jahren eine Zweistaatenlösung noch illusorischer als heute schon, wenn Israel den Bau in den Siedlungen im selben Tempo fortsetzt wie bisher.
Auch die Nachbarn, inklusive Europa, scheinen nicht zu kapieren, was tatsächlich auf dem Spiel steht. Viel zu zaghaft kommen Angebote aus der Brüsseler EU-Zentrale, als dass sie auf die Konfliktparteien überzeugend wirken könnten. Und viel zu wenig Rückendeckung scheint John Kerry auch im Weißen Haus zu genießen. Im Alleingang wird er eine Lösung des Nahostkonfliktes kaum schaffen. Wenn die Zweistaatenlösung jetzt nicht gelingt, dann wird es sie wohl nie geben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
BSW-Chefin im ZDF
Wagenknecht macht BND für Irrtum verantwortlich
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher
Elon Musk torpediert Haushaltseinigung
Schützt die Demokratien vor den Superreichen!
Fragestunde mit Wladimir Putin
Ein Krieg aus Langeweile?
Kretschmer als MP von Linkes Gnaden
Neuwahlen hätten der Demokratie weniger geschadet