Kommentar Keine Ampel in Hessen: Die Grünen sind gewarnt
Ein mögliches Bündnis mit SPD und Grünen hat die hessische FDP platzen lassen. Die Ökopartei scheint erstaunlich gelassen. Zu Recht?

Christian Lindner, Parteivorsitzender der FDP, und René Rock, Spitzenkandidat der FDP Hessen Foto: dpa
Zweimal schon haben SPD, Grüne und Linke nach einer Wahl in Hessen die Mehrheit links von der CDU nicht genutzt. Diesmal ist es die FDP, die ein Mitte-Links-Bündnis und damit ebenfalls die Ablösung der CDU verhindert. Im Wahlkampf hatte FDP-Spitzenkandidat René Rock ein „Reformbündnis“ versprochen; ein ‚Weiter so‘ werde es mit ihm nicht geben, selbst wenn CDU und Grüne ihn an den Kabinettstisch einladen sollten.
Jetzt will Rock über die rechnerisch mögliche Ampelkoalition nicht einmal reden, weil ein Grüner Ministerpräsident werden könnte. Mit einem Sozen an der Spitze hätte er verhandelt, so der Liberale. Dabei billigt die Verfassung dem hessischen Regierungschef nicht einmal eine Richtlinienkompetenz zu. Es ist der Koalitionsvertrag, der die Richtung vorgibt. Um auszuloten, was geht und was nicht, hätte man wenigstens miteinander verhandeln müssen. Wie die Bundespartei macht sich die hessische FDP lieber einen schlanken Fuß.
Die Grünen nehmen das erstaunlich gelassen, fast dankbar hin. Sie wollen die Koalition fortsetzen, die sich nach ihrer Überzeugung bewährt hat. Die historische Chance, zum ersten Mal in Hessen den Ministerpräsidenten zu stellen, lassen sie klaglos liegen. Zudem nehmen FDP und Grüne in Hessen erkennbar Rücksicht auf ihre Vorleute in Berlin. Würden sie in Wiesbaden den CDU-Bundesvize Bouffier stürzen, wären deren Träume von einem neuen Aufbruch nach Jamaika ausgeträumt.
Der CDU-Landeschef und Ministerpräsident Bouffier verspricht, in der neuen Regierung das Profil seiner Partei schärfen zu wollen. Sein Vize-Ministerpräsident Tarek Al-Wazir stellt klar, mit den erstarkten Grünen werde es kein ‚Weiter so‘ geben. Auf das Ergbnis der Koalitionsverhandlungen darf man gespannt sein.
Der Machtverlust war die Quittung
Die Grünen jedenfalls sind gewarnt. In Hessen hat im Jahr 1995 schon einmal ein Regierungschef nach einer Wahlschlappe überlebt, weil die Grünen gleichzeitig ein Rekordergebnis eingefahren hatten. Ministerpräsident war und blieb damals der Sozialdemokrat Hans Eichel. Die Grünen trotzten dem geschröpften Koalitionspartner das Justzministerium und ein Superministerium für Soziales und Umwelt ab.
Fortan schafften es CDU und FDP, noch jeden entlaufenen Straftäter als Ergebnis grüner Libertinage zu skandalisieren. Im Doppelministerium scheiterten in nur einer Wahlperiode gleich zwei Ministerinnen hintereinander. Der Machtverlust war am Ende der Legislaturperiode die Quittung. Seitdem regiert in Hessen ununterbochen die CDU.
Kommentar Keine Ampel in Hessen: Die Grünen sind gewarnt
Ein mögliches Bündnis mit SPD und Grünen hat die hessische FDP platzen lassen. Die Ökopartei scheint erstaunlich gelassen. Zu Recht?
Christian Lindner, Parteivorsitzender der FDP, und René Rock, Spitzenkandidat der FDP Hessen Foto: dpa
Zweimal schon haben SPD, Grüne und Linke nach einer Wahl in Hessen die Mehrheit links von der CDU nicht genutzt. Diesmal ist es die FDP, die ein Mitte-Links-Bündnis und damit ebenfalls die Ablösung der CDU verhindert. Im Wahlkampf hatte FDP-Spitzenkandidat René Rock ein „Reformbündnis“ versprochen; ein ‚Weiter so‘ werde es mit ihm nicht geben, selbst wenn CDU und Grüne ihn an den Kabinettstisch einladen sollten.
Jetzt will Rock über die rechnerisch mögliche Ampelkoalition nicht einmal reden, weil ein Grüner Ministerpräsident werden könnte. Mit einem Sozen an der Spitze hätte er verhandelt, so der Liberale. Dabei billigt die Verfassung dem hessischen Regierungschef nicht einmal eine Richtlinienkompetenz zu. Es ist der Koalitionsvertrag, der die Richtung vorgibt. Um auszuloten, was geht und was nicht, hätte man wenigstens miteinander verhandeln müssen. Wie die Bundespartei macht sich die hessische FDP lieber einen schlanken Fuß.
Die Grünen nehmen das erstaunlich gelassen, fast dankbar hin. Sie wollen die Koalition fortsetzen, die sich nach ihrer Überzeugung bewährt hat. Die historische Chance, zum ersten Mal in Hessen den Ministerpräsidenten zu stellen, lassen sie klaglos liegen. Zudem nehmen FDP und Grüne in Hessen erkennbar Rücksicht auf ihre Vorleute in Berlin. Würden sie in Wiesbaden den CDU-Bundesvize Bouffier stürzen, wären deren Träume von einem neuen Aufbruch nach Jamaika ausgeträumt.
Der CDU-Landeschef und Ministerpräsident Bouffier verspricht, in der neuen Regierung das Profil seiner Partei schärfen zu wollen. Sein Vize-Ministerpräsident Tarek Al-Wazir stellt klar, mit den erstarkten Grünen werde es kein ‚Weiter so‘ geben. Auf das Ergbnis der Koalitionsverhandlungen darf man gespannt sein.
Der Machtverlust war die Quittung
Die Grünen jedenfalls sind gewarnt. In Hessen hat im Jahr 1995 schon einmal ein Regierungschef nach einer Wahlschlappe überlebt, weil die Grünen gleichzeitig ein Rekordergebnis eingefahren hatten. Ministerpräsident war und blieb damals der Sozialdemokrat Hans Eichel. Die Grünen trotzten dem geschröpften Koalitionspartner das Justzministerium und ein Superministerium für Soziales und Umwelt ab.
Fortan schafften es CDU und FDP, noch jeden entlaufenen Straftäter als Ergebnis grüner Libertinage zu skandalisieren. Im Doppelministerium scheiterten in nur einer Wahlperiode gleich zwei Ministerinnen hintereinander. Der Machtverlust war am Ende der Legislaturperiode die Quittung. Seitdem regiert in Hessen ununterbochen die CDU.
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Kommentar von
Christoph Schmidt-Lunau
Korrespondent
1970 Abitur in Bad Kreuznach, Studium in Mainz und Frankfurt am Main. 1971-74 Hörfunkreporter beim SWF in Mainz, 1980 Diplom in Soziologie, danach Wiss. Mitarbeiter Uni Frankfurt,1982 bis 86 Moderator, Reporter und CvD SWF 3, danach Redakteur und Moderator bei hr 1, 1989 bis 91 Programmdirektor Radio ffn, danach Landtagskorrespondent in Wiesbaden für den HR-Hörfunk, die ARD und den Berliner Tagesspiegel, seit 2015 taz-Korrespondent für Hessen, Rheinland-Pfalz und das Saarland
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