Kommentar Katars Opec-Austritt: Katars Provokation
Ein Paukenschlag: Das Golfemirat hat mit Saudi-Arabien eine Rechnung offen. Und auch andere Opec-Mitglieder sind unzufrieden.
W enn in einem Land wie Katar betont wird, es ginge nicht um Politik, kann man mit großer Sicherheit davon ausgehen: Es geht vor allem um Politik. Das kleine, märchenhaft reiche Emirat hat angekündigt, die Opec, in der es seit 1961 Mitglied ist, zum 1. Januar zu verlassen. Wirtschaftlich ist die Entscheidung für das Ölpreiskartell kaum mehr als ein Nadelstich. Katar trägt nur 2 Prozent zur Opec-Fördermenge bei. Katar hat sich längst auf den Export von Flüssiggas verlagert und fördert nur noch in geringem Umfang Rohöl. Doch politisch ist der Rückzug aus der Opec nach 57 Jahren ein gewaltiger Paukenschlag.
Katar ist nicht das einzige Land, das unzufrieden ist mit der saudischen Dominanz in der Organisation. Denn als größter Produzent kann Riad Konditionen und Preise für die Produktion mehr oder weniger diktieren. Steigt ein Land erst einmal aus, erwägen auch bald andere, ob die Mitgliedschaft noch ihren Interessen entspricht. Der Ölpreis könnte dann womöglich in Zukunft noch weniger gesteuert werden, und vor allem: Saudi-Arabien hätte nicht mehr das Sagen, es droht ein Macht- und Imageverlust für die Golf-Monarchie.
In Riad wird man den katarischen Schritt deshalb zu Recht als Provokation empfinden. In Doha hat man eine Rechnung mit den Saudis offen. Im Juni 2017 hat das Königreich von heute auf morgen verfügt, Katar mit einer kompletten Verkehrs- und Handelsblockade zu belegen. Auch die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) und Bahrein wurden vom großen Nachbarn genötigt, den Boykott mitzutragen und die diplomatischen Beziehungen abzubrechen. Der Grund: Katar weigerte sich, mit Iran – dem verhassten Rivalen der Saudis – zu brechen. Die OPEC-Entscheidung des kleinen Emirats Katar findet also im großen Kontext der saudisch-iranischen Konfrontation im Nahen und Mittleren Osten statt.
Für die Stabilität der Region verheißt diese Entwicklung nichts Gutes. So verständlich es ist, dass Katar sich von der feindlich gesinnten Nachbarschaft distanzieren will, so gefährlich ist dieser Trend.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Christian Lindner
Die libertären Posterboys
Außenministerin zu Besuch in China
Auf unmöglicher Mission in Peking
Prozess gegen Letzte Generation
Wie die Hoffnung auf Klimaschutz stirbt
Olaf Scholz’ erfolglose Ukrainepolitik
Friedenskanzler? Wäre schön gewesen!
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Rücktrittsforderungen gegen Lindner
Der FDP-Chef wünscht sich Disruption