Kommentar Japans Verteidigungsetat: Fataler Rüstungswettlauf
Japan entfernt sich immer mehr von seiner pazifistischen Verfassung. In Ostasien entsteht mit US-Unterstützung ein gefährliches Rennen um militärische Macht.
S eit Japans rechtsnationalistischer Ministerpräsident Shinzo Abe vor knapp sechs Jahren ins Amt kam, hat er immer wieder den Militärhaushalt erhöht. Die Beschränkungen, die die Verfassung der Armee, den sogenannten Selbstverteidigungskräften, auferlegt, wird mehr und mehr ausgehöhlt.
Die vermeintlich pazifistische Verfassung war dem Land nach dem Zweiten Weltkrieg von den USA aufgedrückt worden. Doch längst drängt Washington Tokio zur Aufrüstung, um ein Gegengewicht zu Chinas wachsender Militärmacht zu bilden. Abe soll auch deshalb mehr US-Rüstungsgütern kaufen, um das bilaterale Handelsbilanzdefizit zu verkleinern.
Die neuen Verteidigungsrichtlinien sehen jetzt eine weitere massive Aufrüstung vor. Neben der Anschaffung von 45 F-35-Tarnkappenjets aus den USA sollen auch zwei japanische Hubschrauberträger umgebaut werden, um von ihnen F-35-Senkrechtstarter einsetzen zu können. Japans erster Flugzeugträger seit dem Zweiten Weltkrieg stärkt zweifellos die offensiven Fähigkeiten.
Abe geht einmal mehr mit Salamitaktik und Abwiegelung vor. Schon als die beiden Hubschrauberträger erst vor wenigen Jahren in Dienst gestellt wurden, gab es einen Aufschrei über den Tabubruch. Jetzt behauptet die Regierung einfach, die Schiffe würden nicht dauerhaft Flugzeuge tragen, weshalb sie nicht offensiv seien.
Abes Aufrüstungskurs ist aus mehreren Gründen fatal: Zum einen heizt er das Wettrüsten in Ostasien weiter an. Bisher schien Abe Nordkoreas Raketenprogramm gerade recht, um Japans Aufrüstung rechtfertigen zu können. Jetzt wird auch unverhohlen auf Chinas Aufrüstung verwiesen. Doch der Rüstungswettlauf in Asien ist auch deshalb so besorgniserregend, weil dort ein Mechanismus wie die Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) fehlt. Und zum anderen ist speziell Japans Aufrüstung so fatal, weil es seine imperialistische Vergangenheit nicht glaubwürdig aufgearbeitet hat. Flugzeugträger sind deshalb ein ganz falsches Signal.
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