Kommentar Jamaika und die Grünen: Eine neue Kultur der Kooperation
Eine Jamaika-Koalition könnte Deutschland Chancen eröffnen. Wir könnten zum Beispiel Trendsetter einer grünen Außenpolitik werden.
W as die Grünen in einem Kabinett verantwortungsbewusster Bürgerlichkeit tun können? Die natürliche Wahl ist das Umwelt- und Bauministerium, am besten ergänzt um Bereiche der Verkehrs- und Verbraucherpolitik, die die Energiewende voranbringen und der Stadtplanung eine sozialpolitische Komponente verleihen. Denn Wohnungsfrage und Wiederbelebung ländlich-dörflicher Regionen sind die soziale Frage von heute.
Des Weiteren streben die Grünen das Auswärtige Amt an, wo Joschka Fischer nach dem Fall der Mauer Akzente setzen konnte. Diese Ära ist definitiv vorüber. Ins Zentrum rückt so ein in seiner Bedeutung gegenüber dem bisherigen Zuschnitt des Entwicklungsministeriums erheblich aufgewertetes „Ministerium für globale Entwicklung“ (Dirk Messner), das im Blick auf eine gerechtere Globalisierung und globale Solidarität Beiträge leisten kann: mit einer veritablen Afrika-Initiative und einer Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit im Mittleren Osten, die Iran, Saudi-Arabien und die Golfstaaten unter europäischer Vermittlung zur Kooperation bewegt – und im Übrigen gemeinsam mit Frankreich und den südeuropäischen EU-Staaten die mediterrane Welt in den Fokus rückt.
So könnte deutsche Außenpolitik Trendsetter eines erneuerten Multilateralismus in der Weltinnenpolitik sein. Die meisten Agenden sozialökologischer Politik, darunter nicht zuletzt die Landwirtschaft, müssen neu gebündelt werden in einem Ansatz globaler Entwicklung, der die Veränderungen seit dem Ende des Kalten Krieges aufnimmt und die spätkolonialen Reste der „Entwicklungshilfe“ beseitigt.
Zur „Dritten Welt“ gehören heute die wichtigsten Player der G20 genauso wie die ärmsten Regionen der Welt. Der Wandel des internationalen Systems und des globalen Regierens erfordert eine Reorganisation des Ressortprinzips und eine neue Kultur der Kooperation. Das ist kein „Projekt“ à la Rot-Grün, aber weit mehr als eine enge Interessengemeinschaft wie Schwarz-Gelb – und, das wäre zu hoffen, eine zeitgemäße Form von „Maß und Mitte“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Rücktritte an der FDP-Spitze
Generalsekretär in offener Feldschlacht gefallen
Keith Kelloggs Wege aus dem Krieg
Immer für eine Überraschung gut
Ampel-Intrige der FDP
Jetzt reicht es sogar Strack-Zimmermann
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag