Kommentar Jamaika in Schleswig-Holstein: Heiraten tut nicht weh
Es steckt viel Grün im Jamaika-Koalitionsvertrag in Schleswig-Holstein. Auch die CDU kann nicht klagen. Paradiesisch wird es trotzdem nicht.
J amaika liegt künftig in Schleswig-Holstein. Am Montagmorgen stimmten die Mitglieder der Grünen dem Koalitionsvertrag zu. Stolze 84,3 Prozent votierten für das ausgehandelte Vertragswerk mit CDU und FDP. Damit ist, sieben Wochen nach der Landtagswahl in Schleswig-Holstein, das „Jamaika“-Bündnis von CDU, Grünen und FDP so gut wie perfekt. Für die FDP muss am Montagabend zwar noch ein Kleiner Parteitag endgültig entscheiden. Dies galt aber als Formsache.
Das Ergebnis der Grünen ist beeindruckend, überrascht aber nur auf den ersten Blick. Denn es spiegelt vor allem zwei Dinge wider. Erstens: Die grünen Spitzenkräfte, Finanzministerin Monika Heinold und Umweltminister Robert Habeck, haben ihren Laden voll im Griff. Sie predigten, dass viel Grün im Koalitionsvertrag stecke – und die Basis glaubte ihnen gerne. Und zweitens steckt ja tatsächlich viel Grün mit drin, wo auch CDU und FDP mit draufsteht. An eine liberale Drogenpolitik will man sich wagen, sich für die Homo-Ehe einsetzen, das Grundeinkommen modellartig ausprobieren, E-Mobilität und ÖPNV voranbringen – und die Energiewende sowieso. Alles Punkte, die der grünen Wählerschaft am Herzen liegen. Ist Jamaika also tatsächlich ein grünes Paradies?
Jedenfalls erwecken die oben genannten Punkte den Eindruck, als hätte vor allem die CDU recht wenig Grund zur Freude am schwarz-grün-gelben-Mix.
Tatsächlich stellt aber auch sie das Vertragswerk als großen Erfolg heraus. Weil sie zwar weiß, dass sie ihren Juniorpartnern viele Zugeständnisse gemacht hat. Andererseits, und das ist mindestens genauso wichtig für das CDU-Binnenklima, werden viele Punkte der eigenen Wählerschaft kaum weh tun.
Wen kümmern überkommene Werte?
Daniel Günther, der neue moderne Konservative, der mit seinen 43 Jahren und frischem Auftreten für einen Generationenwechsel steht, hat am Freitag die Delegierten locker von der Partnerschaft mit den Grünen überzeugen können. Ohne Gegenstimme nickte der CDU-Parteitag den Vertrag ab, obwohl ein paar zentrale Wahlversprechen nicht umzusetzen sind: Größere Abstände etwa zwischen Siedlungen und Windkraftanlagen, die am Veto der Grünen scheiterten.
Trotzdem gab es kaum Widerworte. Die CDU ist halt die CDU. Da zählt ein Ministerpräsident eben viel mehr als irgendwelche Leitlinien oder Wahlversprechen. Zumal in der Bildungspolitik der Wechsel von G8 auf G9 fast wie versprochen umgesetzt wird – und mächtig in den Verkehr investiert werden darf. Da lässt man sich dann gerne liberalisieren und trauert nicht irgendwelchen Wertevorstellungen nach, die eh längst überholt sind. Stichwort Homo-Ehe.
Für die lässt sich auch die FDP um ihren Landeschef Heiner Garg, der mit einem Mann zusammen ist, feiern. Hinzu kommen viele Vereinbarungen, die unternehmerfreundlich sind und liberale Wirtschaftspolitik zulassen.
Bei Wirtschaft und Verkehr ist Jamaika kein grünes Paradies, ein paar Radwegen zum Trotz. Beim Rest schon eher – sofern sich die Grünen in den vielen Detailfragen, die im Vertrag bewusst offen gelassen wurden, durchsetzen können. Die Basis glaubt an den Traum vom Paradies.
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