Kommentar Italiens Bankenkrise: An der Realität gescheitert

Die europäische „Bankenunion“ von 2014 funktioniert nicht. Das Eigenkapital der Banken ist immer noch viel zu niedrig, um Verluste aufzufangen.

Der Hauoteingang der Monte dei Paschi Bank in Siena

Der Haupteingang der toskanischen Bank Monte dei Paschi in Siena Foto: reuters

Diese Bankenrettung zeigt, dass die Finanzlobby gesiegt hat: Die toskanische Großbank Monte dei Paschi wird wohl Hilfsmilliarden vom italienischen Staat erhalten. Damit ist die europäische „Bankenunion“ von 2014 gleich am ersten Realitätstest gescheitert. Denn sie sah eigentlich vor, dass zunächst die Aktionäre und Gläubiger einspringen sollen, wenn eine Bank in Schieflage gerät.

Eine Überraschung ist es nicht, dass die „Bankenunion“ versagt. Von Anfang an war abzusehen, dass es nicht funktionieren würde, die Gläubiger zahlen zu lassen. Denn wer sind denn diese „Gläubiger“? Dazu gehören oft auch ganz normale Sparer, die nie ein Risiko eingehen wollten, sondern ahnungslos nur ihr Geld geparkt haben. Man kann sie nicht bluten lassen wie typische Finanzanleger. Also muss der Staat ran.

Die „Bankenunion“ war eine Farce. Sie sollte nur kaschieren, dass es den europäischen Politikern nicht gelungen ist, sich gegen die Finanzlobby durchzusetzen: Das Eigenkapital der Banken ist immer noch viel zu niedrig, um Verluste aufzufangen. Also wurde die Mär verbreitet, dass ja auch die Gläubiger haften könnten, falls es zu einer Bankpleite kommt.

Es ist kein Zufall, dass die Banken ihre gesamte Lobbymacht aufbieten, um das Eigenkapital niedrig zu halten. Denn sie sehen eine Kausalkette des Grauens vor sich: Mehr Eigenkapital bedeutet mehr Aktien, so dass mehr Geld für Dividenden abfließen würde. Da man den Bankgewinn aber nur einmal verteilen kann, bliebe weniger Geld übrig, um dem Top-Management hohe Gehälter und Boni auszuzahlen.

Diese Missstände sind europaweit zu beobachten. Auch die Deutsche Bank schlingert bedrohlich – und daher stieg ihr Börsenkurs sofort, als die Nachricht kam, dass der italienische Staat bei Monte dei Paschi aushelfen könnte. Denn es ist ja leider nicht ausgeschlossen, dass auch die Bundesregierung irgendwann herbeieilen muss, um die Deutsche Bank zu retten.

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Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).

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