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Kommentar Israel und SyrienDie Gasmasken liegen schon bereit

Kommentar von Susanne Knaul

Israel hatte Recht: In Syrien wird mit Gas operiert. Einen Eingriff Israels kann allerdings niemand wollen. Netanjahu kann sich zurücklehnen und abwarten.

Der israelische Heimatschutz bereitet sich auf mögliche Giftgasangriffe vor Bild: dpa

E s ist eine bittere Genugtuung für Israel, Recht gehabt zu haben. Schon vor fünf Monaten berichtete der militärische Abwehrdienst in Tel Aviv über klare Indizien für den wiederholten Einsatz von Giftgas in Syrien. Adressat war die internationale Gemeinschaft, doch keiner wollte zuhören, sondern lieber weiter glauben, dass nicht ist, was nicht sein darf. Eine verständliche, wenngleich wenig verantwortungsvolle Reaktion. Die wenigsten Probleme lösen sich von allein.

Das Worst-Case-Szenario wäre es, würde sich Israel der Sache selbst annehmen. Die Angriffe der israelischen Luftwaffe auf die Rüstungstransporte für die Hisbollah waren Spiel mit dem Feuer genug. Niemand sollte es riskieren, in das syrische Morden hineingezogen zu werden. Regierungschef Benjamin Netanjahu wählte seine Worte deshalb behutsam.

Er nannte die Giftgasangriffe eine Tragödie und ein Verbrechen und sprach in einer für seine Verhältnisse eher zaghaften Drohgebärde davon, dass Israel sich zu verteidigen wissen werde. Völlig richtig, wenn er Israel raushält aus dem Konflikt, in dem beide Parteien potenziell eine Gefahr darstellen. Netanjahu kann sich zurücklehnen und zusehen, wie der Bürgerkrieg in Syrien das konventionelle Rüstungsarsenal des Feindes schröpft.

Wenn jedoch keiner da ist, der die Zügel in die Hand nimmt und wieder Ordnung schafft, bleibt auch ein Vakuum für Extremisten, die vielleicht meinen, ihren eigenen privaten Krieg gegen die Zionisten führen zu müssen. Auch wenn nie große Freundschaft zwischen Jerusalem und dem Hause Assad bestand, so hielt man sich doch über die vergangenen 40 Jahren an einen Modus Vivendi und achtete darauf, dass es weitgehend ruhig blieb in der Grenzregion.

Sollten die USA für einen Angriff gegen den syrischen Despoten entscheiden, könnte es bald aus sein mit der Ruhe. Was läge näher, als Vergeltung am Verbündeten Washingtons zu üben. Israels Armee verteilt Gasmasken an die Bürger. Wie man Türschwellen und Fensterrahmen abdichtet, um sich gegen das Gift zu schützen, wissen die über 35-jährigen noch aus dem Golfkrieg 1991.

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Redakteurin Meinung
1961 in Berlin geboren und seit 2021 Redakteurin der Meinungsredaktion. Von 1999 bis 2019 taz-Nahostkorrespondentin in Israel und Palästina.
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13 Kommentare

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  • F
    Falke

    Giftgas hin oder her. Die politischen Interessen der beteiligten Akteure sind entscheidend und hier sollte man sich fragen, welche das sind. Das wünsche ich mir von einer freien Presse. Ob nun die Rebellen oder assad, beide können eventuelle Motive dem anderen anhängen oder unterstellen, die Unmenschlichkeit eines Giftgas Angriffs bleibt. Aber ehrlich der Bürgerkrieg an sich ist bereits unmenschlich. Eine Intervention wäre nur die logische folge einer Ohnmacht , da die Lage für die internationale Gemeinschaft meiner Meinung nach so unübersichtlich ist und die Fraktion der Rebellen nicht einheitlich aufgestellt ist. Für israel ist es eine unangenehme Situation. Ich war im April länger dort und habe ein tolles Land erlebt. Jedoch wird die Wut, Angst und der Hass auf beiden Seiten durch instabile Verhältnisse auf dem Sinai und in Syrien wie auch im Libanon nicht verschwinden. Es braucht einen gesicherten Status, was die grenzen betrifft und Ruhe um eine Versöhnung und dauerhaften Frieden für Region zu gewinnen. Eine Intervention wird in Syrien wird den Hass verschärfen

  • AR
    A. R. T

    Und, was meinst Du, warum? Weil Israel auf kosten Palästina und die anderen arabischen Staaten ausdehnt,das internal Recht missachtet, weiter in den Besetzten Gebieten neue judische Siedlungen baut und illegal bestehende erweitert. und so weiter. Wenn die Palästinenser die Rechtmäßigen Landbesitzer gegen die Israelis zu wehr setzen ist doch wohl klar. Du wirst es auch tun. "Außergewöhnlich scharf hat Uno-Generalsekretär Ban Ki Moon auf die Meldung über neue Siedlungen in Ost-Jerusalem reagiert. Ban forderte die Einhaltung ...

  • A
    ausländer

    Zum Einsatz von Giftgas in Syrien stieß ich auf folgendes:

    http://nodisinfo.com/Home/rebel-terrorists-are-using-chemical-weapons-not-the-syrians/

  • AU
    Andreas Urstadt

    Die israelische Zeitung Haaretz schreibt, das Gas kam von den "Rebellen".

     

    Die USA sind nicht besser als die "Rebellen", spionieren ihre Buendnispartner aus, das ist der Zustand wie unter den "Rebellen". Die Tuerken schiessen schon wegen ein paar Baeumen auf ihre eigenen Leute, eine wundersame Koalition braut sich zusammen, die kaum mehr von den "Rebellen" zu unterscheiden ist.

     

    Die USA legten mehrere Laender in Schutt und Asche wegen zweier Wolkenkratzer, was in Irak passiert geht immer noch auf die Kosten der Amerikaner, auf deren verniedlichende Rote Linie die Medien und die Welt herein fielen. Jeder Schuss ueberschreitet eine rote Linie.

     

    Die "Rebellen" in Syrien haben mehr auf dem Gewissen als zwei Wolkenkratzer. Waere dieselbe Situation in UK oder USA mit dem Halten mehrer inkl grosser Staedte durch Rebellenterroristen, die Amerikaner wuerden jedes Tabu brechen. Allein an Chicago wuerde sich die Army im Haeuserkampf aufreiben. Wer wegen zwei Wolkenkratzern voellig ausflippt (vgl Paul Auster), ist alles zuzutrauen.

  • Israel Regierung und Geheimdienst lügt wie in allen kriegerischen Handlungen im nahen Osten.Das Israelische Volk ist echt zu bedauern,denn irgendwann gibt es die Quittung für diese verlogene Haltung in den Kriegshandlungen im nahen Osten.

    • M
      MaterialismusAlter
      @wolfgm:

      Da spricht bei Ihnen viel Wunschdenken mit

  • Israel hatte Recht?

    Natürlich, ich vergaß. Israel hat immer Recht.

    Die USA lernen einfach nicht dazu, wie`s scheint.

    Wenn das mal nicht ins Auge geht...

    • M
      MaterialismusAlter
      @vic:

      Ja, Israel hatte Recht. Israelische Geheimdienste haben gesagt, in Syrien werden C-Waffen eingesetzt und dies hat sich bewahrheitet. In der deutschen Sprache benutzt man für solche Situationen die Formulierung "Recht haben". Mehr stand in diesem Artikel der - übertriebener Israelsolidarität unverdächtigen - Frau Knaul nicht drin.

      Dass sie nicht in der Lage sind einen positiven Satz über Israel, sei er auch noch so banal, stehen zu lassen, lässt tief blicken. Sie müssen, was Israel angeht, wirklich von einem tiefen Hass zerfressen sein, der jede Rationalität - zu der Sie zweifellos fähig sind - abschaltet.

  • ich bin heilfroh, dass israel die golanhöhen nicht für irgendwelche wertlose versprechen oder "sicherheitsgarantien" abgegeben hat.

     

    das war ja eine lautstarke forderung der "israelkritiker" in deutschland.

     

    wären diese höhen jetzt nicht unter israelische kontrolle, so würde es wieder granaten und raketen auf nordisrael hageln, wie es bis 1967 alltag war.

     

    israel sollte sich nicht auf irgendwelche garantien der sesselpupsenden "israelkritischen" europäer verlassen, sondern zuerst an die eigene sicherheit denken.

     

    sinai, süd-libanon, und gaza zeigen deutlich, dass nach jede landabgabe israels es (trotz internationale garantien) nur noch mehr raketen und bomben gegen israel gab.

  • Experten zu dem Giftgasangriff:

    „Im Moment bin ich nicht völlig überzeugt [dass der Angriff stattfand], denn die Menschen die ihnen [den Opfern] helfen, sind ohne Schutzkleidung und Atemmasken“ sagte Paula Vanninen, Direktorin von Verifin, dem Finnish Institute for Verification of the Chemical Weapons Convention.

    „In einem wirklichen Fall wären sie auch vergiftet und hätten ebenfalls Symptome“ fuhr sie fort.

    John Hart, Leiter des Chemical and Biological Security Project am Stockholm International Peace Research Institute sagte, dass er anhand der Bilder der Augen der Opfer nicht von eindeutigen Beweise für den Einsatz chemischer Waffen sprechen könne.“

    „Keine der Videos, die ich in den letzten Stunden gesehen habe, zeigen winzige Pupillen, die darauf hindeuten, dass das Opfer Organophosphatmetabolitischen Nervengasen ausgesetzt war“, sagte er.

    Gwyn Winfield, Herausgeber des CBRNe World magazine, das sich auf das Thema Chemische Waffen spezialisiert ist, sagte dass die Beweislage nicht darauf hindeute, dass die Chemikalien, die benutzt wurden, ... aus den Lagern der syrischen Armee stammen:

    „Die Giftigkeit deutet nicht auf militärisches Sarin hin“ sagte Winfield der AFP.

    http://www.hindustantimes.com/world-news/RestOfAsia/Syria-over-1-300-massacred-in-chemical-attack-by-army/Article1-1110869.aspx

  • Wie kann das sein, dass ich in wenigen Stunden so viele kritische Infos bekomme, und die TAZ weiterhin die Agenturmeldungen abdruckt. Also: Günter Meyer, dem Leiter des Zentrums für Forschung zur Arabischen Welt (ZEFAW) an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz: Nach Meinung Meyers stehen die Aufständischen hinter den Giftgasangriffen: "Denn nur die Aufständischen könnten davon profitieren. Umso mehr, als das Giftgas dieses Mal, im Vergleich zu den ersten Fällen, anscheinend als Massenvernichtungswaffe eingesetzt worden ist, wenn die oppositionellen Behauptungen von Hunderten von Toten tatsächlich zutreffen sollten. Die Aufständischen versuchen, die USA zu einem militärischen Eingreifen zu bewegen. Dabei nutzen sie den Umstand aus, dass sich Inspektoren der UNO in Syrien aufhalten. Das alles passt ins Schema, das wir bereits von den ersten Giftgasangriffen im vergangenen März her kennen. (...)

    Für den ersten Chemiewaffeneinsatz in Khan al-Assal nahe Aleppo, bei dem 29 Menschen ums Leben kamen, waren die Jihadisten unter den Aufständischen verantwortlich. Auch damals beschuldigten die Oppositionellen die Regierungsarmee. Nach Recherchen der britischen Zeitung «Guardian» wurde die Giftgasgranate von einem Ort nahe der türkischen Grenze abgefeuert, der sich unter der Kontrolle der al-Qaida nahen Al-Nusra-Front befand. Mit Khan al-Assal griffen die Jihadisten einen Ort an, der von den Assad-Truppen kontrolliert wird und dessen schiitische Bevölkerung hinter dem Regime steht. Ein paar Wochen nach dem Chemiewaffeneinsatz in Khan al-Assal verhafteten türkische Polizisten eine Gruppe von syrischen Jihadisten, die einen Behälter mit Giftgas bei sich trugen. Damit ist nachgewiesen, dass die Jihadisten die Möglichkeit haben, an Chemiewaffen zu kommen."

    http://www.tagesanzeiger.ch/ausland/naher-osten-und-afrika/Das-AssadRegime-hat-absolut-kein-Interesse-Giftgas-einzusetzen/story/16424503

  • E
    Edan

    Was heißt hier Israel hatte recht?

    Wo sind die Beweise, dass die syrische Regierung und nicht die von Israel und den USA finanziell unterstützten und mit Waffen belieferten Rebellen hinter dem Anschlag stehen?

    Dass die Saudies, die USA und Israel unbedingt Krieg gegen das pro Iranische und sunnitische Syrien wollen ist allgemein bekannt.

    Warum sollte aber Assad den Amis einen Grund für den Krieg liefern? Warum genau zu einem Zeitpunkt an dem die UN Inspekteure ins Land gereist sind?

    Die USA haben in den letzen Kriegen (Irak 1 und Irak 2, Afghanistan) stets was den Grund für die Kriegserklärung betrifft gelogen.

    Beim ersten Irakkrieg hatten sie sogar in Bild-Zeitung-Manier behauptet die Iraker würden Babys auf den Boden schmettern.

    Ich finde es traurig wie unkritisch die Presse geworden ist.

    Da kann ich in Zukunft gleich nur mehr bei Reuters die Schlagzeilen lesen.

    Elendige Copy-Paste Schreibtisch-Zombies

  • E
    ein_gast

    Gibt es denn klare und sichere Beweise für irgendeine Darstellung der beiden Seiten?

    "soll eingesetzt haben" und "nach darstellung der rebellen" ist für mich noch kein beweis...